Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Michael Good, Heft 25-26/2011

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Yachttest der Oceanis 41

Oceanis 41: Neue Ära der Oceanis-Linie

Branchenführer Beneteau löst seine Fahrtenschiff-Linie ab (Oceanis 34, Oceanis 34-2, Oceanis 37, Oceanis 43, Oceanis 46). Die jüngste Oceanis-Generation ist außen homogen und innen modular durchgestaltet. Die Franzosen starten gleich im Dreierpack mit Modellen in den Größen 41, 45 und 48 Fuß.

Dienten die beliebten Babuschkas aus Russland als Vorlage? Die einheitlich bemalten, eierförmigen Holzpuppen, die sich in abgestufter Größe ineinander schachteln lassen: Haben sich die Entwickler von Beneteau für die Überarbeitung des Tourenprogramms Oceanis davon inspirieren lassen?

Gleich drei neue Yachten auf einen Schlag haben die Franzosen vorgestellt, die Oceanis 41, 45 und 48. Optisch sind die Boote identisch, nur die Dimensionen sind proportional angepasst. Die Unterschiede lassen sich vom Betrachter auf Distanz nicht ausmachen, sie sind ausschließlich über die technischen Daten ersichtlich. Wären die Schiffe hohl, könnte man sie - wie eben Babuschkas auch - ganz einfach ineinander stecken. Die Vorstellung von gleich drei neuen Yachten aus derselben Typenreihe und zur selben Zeit ist einzigartig. Eine solche Herkulesaufgabe hat die Branche bisher noch nicht gesehen, nicht in der Form jedenfalls.

Der Werftriese Beneteau stellt sich der Herausforderung, im Wissen, sowohl über das Knowhow wie auch über die dafür nötige Infrastruktur zu verfügen. Die Präsentation im Dreierpack ist aber in keiner Weise nur als Marketing-Gag zu verstehen, sondern macht hinsichtlich der Homogenität der Produkte durchaus Sinn.
Die Idee soll sein, innerhalb einer der wichtigsten Werftserien weltweit einheitliche Schiffe anzubieten, welche exakt dasselbe Konzept verfolgen, nur ihre Größe ist unterschiedlich. Und damit natürlich auch die Möglichkeiten für unterschiedliche Layouts unter Deck. Entscheidet sich ein Kunde nun für ein Schiff aus der neuen Oceanis-Linie, bleibt ihm schließlich lediglich die Wahl von Preis, Größe und Aufteilung innen- je nach persönlichen Bedürfnissen und Möglichkeiten. EIne Entscheidung in Modulen, sozusagen. Im Anschluss an die Messe in Genua, wo Beneteau alle drei neuen Tourer als Premiere präsentierte, erhält die YACHT ein Zeitfenster, um die neuen Schiffe genauer anzusehen und zur Probe zu segeln. Stellvertretend für alle neuen Typen soll nachfolgend das kleinste Boot, die Oceanis 41, für einen umfassenden Test herhalten.

Oceanis 41: Das Konzept

Zwei Dinge stechen sofort ins Auge: der markante Targabügel über dem Cockpit und die große Badeplattform. Beide Details charakterisieren die neuen Schiffe und bedürfen einer gesonderten Betrachtung. Der Bügel ist eine Art Multitool. Das massive und äußerst robust konstruierte Formteil übernimmt in erster Linie die Großschot aus dem Cockpit. Das hat vor allem beim Touren viele Vorteile, so wirkt der Schotzug auf den Baum effektiver, und dank flachem Winkel kann das Segel besser und kontrollierter getrimmt werden. Auch bietet der Targabügel eine willkommene Aufnahme für die Sprayhood. Die fällt bei den neuen Modellen auffällig groß und wuchtig aus. Für das Auge ist das bestimmt gewöhnungsbedürftig, hier steht die Schutzfunktion vor optischen Aspekten. Allerdings hat der Bügel auch Nachteile. Der Großbaum muss so ungewöhnlich hoch am Mast angeschlagen werden. Darunter leidet die Performance unter Segeln weniger als die Erreichbarkeit beim Auftuchen des Segels, das gilt trotz Lazy-Bags. Der Baum ist aus dem Stand ab Deck nicht erreichbar, Kletterpartien auf den Targabügel sind umgänglich. Allerdings gibt es dafür weder Trittstufen noch Haltemöglichkeiten. Um den Reißverschluss am Segelkleid zuzuziehen, muss man Kopf und Kragen riskieren. Abhilfe schafft da nur die Option auf einen Aufpreis von lediglich 1.140 Euro.

Über eine Mechanik wird die Badeplattform am Heck abgefiert und faltet sich dabei förmlich zu einer riesigen Badeterrasse auf. Unterstützt wird der Vorgang, der knapp 30 Sekunden dauert, von zwei Elektromotoren. Die abklappbare Seebühne ist der Standard-Lieferumfang für alle drei neuen Oceanis-Modelle, funktioniert ab Werft gut und erfreut in seiner smarten Art fraglos besonders die Anhänger technischer Spielereien. Nur Knopfdrücken allerdings genügt nicht. Zum Absenken ist als Erstes die Plattform zu entriegeln, dann müssen die vier Heckdrähte der achtern durchlaufenden Reling abgeschäkelt werden. Vergisst man das, könnte die Mechanik oder auch die Struktur Schaden nehmen, die Motoren sind für Zerstörungen stark genug. Zudem blockiert die geschlossene Plattform die sonst sehr geräumigen Stauräume am Heck. Wichtiger ist dieser Umstand noch hinsichtlich des ebenfalls achtern gestauten Rettungsinsel - auch sie kann nur bei geöffneter Klappe problemlos eingesetzt werden. Beneteau ist sich des Problems bewusst, man arbeitet an einem Systems zur schnellen und von der Elektrik unabhängigen Entriegelung der Plattform im Notfall - ein zwangsläufiger Schritt.

Oceanis 41: Mit mehr Segelfläche und mehr Leistung

Ein Einsatz der Rettungsinsel ist beim Test vor Genua aufgrund der Wind- und Wetterbedingungen jedoch nicht zu befürchten. Nur ein leiser Hauch von Wind vermag direkt unter Land das Wasser zu kräuseln, 4 Knoten Wind sind es, mehr nicht. Der 40-Fußer kommt dennoch recht zügig in Bewegung und erreicht schnell über 3 Knoten Speed bei einem Winkel von 45 Grad zum Wind.

Die Steuerung funktioniert einwandfrei, und das Schiff hinterlässt einen lebendigen, fast schon sportlichen Gesamteindruck. Das Potenzial ist unter diesen Umständen allerdings nur schwierig einzuschätzen. Es helfen die theoretisch errechneten Daten in den Polardiagrammen. Sie attestieren der Oceanis 41 auch bei mehr Wind ein ordentliches Leistungsvermögen. Bei 12 Knoten Wind soll das Schiff auf einem Kurs von 40 Grad mit guten 6,7 Knoten unterwegs sein. Auffällig ist, dass der Mast bei den neuen Schiffen deutlich weiter achtern steht. Bei der Oceanis 41 beträgt das J-Maß jetzt 5,17 Meter, das sind stattliche 1,20 Meter mehr als beim Vorgängermodell Oceanis 40.

Die Konstrukteure von Finot-Conq wollen damit maximale Vorsegelfläche schaffen. Weil die Wantenkräfte bei den neuen Tourern direkt in den Rumpf eingeleitet werden, sind hier keine überlappende Genuas mehr möglich. Die maximale Auslegung beträgt 108 Prozent. Deshalb ist der Zweisailingsmast nun auch höher als beim Vorgängermodell.
Das Layout im Cockpit ist ungemein praxisorientiert. Die Genuaschot wird auf große Winschen beim Steuermann umgelenkt, das Großsegel trimmt man auf der Winsch beim Niedergang. Die typisch fahrtenorientierte und mehrfach bewährte Anordnung funktioniert bei den neuen Typen ebenfalls einwandfrei. Auch die doppelte Steuerung arbeitet mechanisch fehlerlos und trotz der langen Wege auf den Quadranten leichtgängig sowie fast ohne Spiel. Allerdings ist für die Lenkung nur ein durchgehendes Kabel verbaut, für beide Räder. Bei einem Defekt der Anlage kommt damit keine doppelte Sicherheit zum Tragen, wie es bei getrennten Seilzügen der Fall ist.

Oceanis 41: Unter Deck – Frische Ideen in guter Umsetzung

Viehrl Aufmerksamkeit verdient der Wohnraum unter Deck, angefangen beim Niedergang. Der ist nämlich schön flach gehalten, wie eine Treppe zu Hause. Der Neigungswinkel beträgt 45 Grad, normalerweise sind diese Bereiche deutlich steiler, mit einem Winkel von 60 oder sogar 70 Grad. Speziell die etwas älteren Segler werden das erfreulich finden. Die eher dunkel gebeizten Mahagoni-Furniere für den Innenausbau sind mittlerweile schon zu einem Markenzeichen für die Beneteau-Yachten geworden. Und es werden werftseitig keine Alternativen dazu angeboten - man muss das also mögen. Dafür haben die Innendesigner des Mailänder Studios Nauta die Interieurs der neuen Oceanis-Modelle mit vielen hellen Flächen optisch aufgelockert, das flächige Hauptschott und auch die Deckenpaneele beispielweise wurden mit weißem Kunstleder überzogen. Zusammen mit den ebenfalls weißen Polsterungen beim Testschiff ergibt sich ein markanter Hell-Dunkel-Kontrast. Natürlich sind für die Polster auch Farb- und Materialvarianten erhältlich.

Außerordentlich ist, dass bei der Oceanis 41 die Edelstahlstütze für den Mast mitten im Salon steht, das Hauptschott ist also recht weit vorn im Boot platziert. Die Vorschiffkabine ist dementsprechend bis tief in den Bug hineingebaut, und es gibt keine Vorpiek als Segelstauraum. Die größeren Modelle Oceanis 45 und Oceanis 48 zeigen vor allem im Bereich vor dem Hauptschott Abwandlungen. Bei der Oceanis 41 ist die Vorschiffskoje trotzdem noch lang und breit genug dimensioniert, damit zwei Personen ausreichend komfortabel schlafen können. Die Standfläche ist großzügig bemessen. Und es gibt zwei große und gut nutzbare Stauschränke sowie eine kleine Arbeitsfläche. Als Ausbauvariante kann vorn zusätzlich eine Nasszelle mit WC und einer Auszugsdusche installiert werden.
Für das Achterschiff sieht die Standardversion auf der Backbordseite einen großen und von innen begehbaren Stauraum anstelle einer zweiten Kabine vor.
Für das Schiff in der Drei-Kabinen-Variante verlangt Beneteau einen moderaten Aufpreis. Der Umbau beschränkt sich jedoch auf die zusätzliche Kojenpolsterung.

Oceanis 41: Seltsame Geometrien

Merkwürdig ist, dass trotz vermeintlicher Symmetrie die Kabine auf der Steuerbordseite um etwa 20 Zentimeter breiter als auf der Backbordseite ist. Wer es genau wissen will und nachmisst, stellt fest, dass auch der Niedergang nicht mittig im Boot steht. Sogar die Maschine ist um etwa sechs Zentimeter aus dem Zentrum gerückt und damit auch der Flansch für den Saildrive. Nachfragen ergeben, dass dies durchaus gewollt ist Beneteau-Projektmanager Bruno Belmot:" Wir haben den Niedergangseitlich ein wenig versetzt, um etwas mehr Platz in der Nasszelle zu schaffen. Das ist neu. Auch beim Vorgängermodell Oceanis 40 waren Niedergang und Motorenlager nicht mittig eingepasst".

Oceanis 41:Freude für den Navigator

Freude hinterlässt die ungewöhnlich gut gelungene Lösung für die Navigation in Kombination mit der Couch auf der Backbordseite. Die kleine Arbeitsfläche lässt sich gleich in drei verschiedene Positionen bringen und bietet sich damit als Navigationsecke, als Beistelltischchen oder als Cocktailtheke an. Auch die Mechanik ist tadellos. Nach achtern zurückgeschoben, vergrößert sich der Tisch um die seitlichen Ablagen. Das erfreut den Navigator, der hier unter ordentlichen Platzverhältnissen mit der Karte arbeiten kann. Durch die zentral stehende Maststütze ist der Platz für den Salontisch eingeschränkt. Die relativ kleine Tafel lässt sich aber mit verkürzten Tischbeinen absenken und verwandelt so das U-Sofa in eine weitere Koje mit einer Breite von 1,27 Metern. Stauraum ohne Ende in allen wünschenswerten Volumen bietet die für das Bootssegment sehr großzügig ausgelegte Pantry. Auch steht genügend Arbeitsfläche zur Verfügung. Das Bad achtern lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Nebst dem üblichen Ausbaustandard gibt es hier noch einen abgetrennten Duschbereich.

Oceanis 41: Fazit Yachttest – Chapeau, Beneteau!

Gefällige Linien, attraktive Ausstattungspakete, ordentliche Bau- und Ausbauqualitäten sowie viele schöne Details- so präsentieren sich die neuen Tourer von Beneteau. Dazu kommt ein ungewöhnliches, aber ungemein zielgerichtetes und zudem auch sinnvolles Schiffskonzept mit modularen Ausbaustufen. Ob die Kunden dies schätzen oder trotz allem mehr Varianz auch in optischer Hinsicht wünschen, wird sich zeigen. Das Projekt zeugt jedenfalls von Mut und Zuversicht. Chapeau, Beneteau!

 

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