Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Fridtjof Gunkel, Heft 15/2008)
Yachttest der Sun Odyssey 30i
Sun Odyssey 30i: Aufgalopp in der Kompaktklasse
Der Vorwurf aus der potenziellen Käuferschaft, die Werften würden sich der besseren Margen wegen nur noch auf größere Boote oberhalb der 40-Fuß-Grenze konzentrieren, verliert zunehmend an Substanz. Im Gegenteil: Yachten um die neuneinhalb Meter Länge sind das derzeit spannendste, stark wachsende und schwer umkämpfte Marktsegment.
In den vergangenen zwölf Monaten halben die großen konkurrierenden Hersteller ihre kleinste Fahrtenyachten neu herausgebracht. Bavaria 31 Cruiser, die mit bislang 550 Einheiten im ersten Produktsjahr ebenfalls positiv aufgenommen wurde. HanseYachts tauschte ihre 315 gegen eine 320. Beneteau rundete mit der Oceanis 31 ihr Erneuerungsprogramm der gesamten Fahrtenlinie nach unten ab. Und nun schickt Jeanneau nach ganzen elf Jahren die beliebte Sun Odyssey 29.2 (rund 1000 Einheiten) in den Ruhestand und ersetzt sie durch eine Sun Odyssey 30i.
30 Fuß – das markiert den Einstieg ins Yachtsegeln. Kleinere Einheiten gelten meist nur als Daysailer, auf alle Fälle sind auf ihnen deutliche Abstricke in puncto Bordkomfort zu machen. Eine separierte Achterkammer ist auf diesen Booten ebenso nicht möglich wie eine echte Dusche oder ausreichend Stauraum. Zwar bieten die beiden großen französischen Werften auf kleinere Typen an. Diese sind jedoch sportlich orientierte oder simpel gehaltene Boote, die nur sehr ambitionierte Crews für lange Törns nutzen werden.
„Die neue Sun Odyssey 30i sollte kein großer Daysailer, sondern eine kleine Yacht werde. Jeder Hersteller braucht so ein Modell. Wenn der Kunde zufrieden ist, bleibt er bei seiner Werft, wenn sich vergrößern will“, so Erik Stromberg von Jeanneau. Nur zum Geldverdienen taugen die Einsteigeryachten nicht. Die Entwicklungs- und Formbaukosten seien fast so hoch wie für eine 34-Fuß-Yacht, so der Produktmanager weiter.
Hinzu kommt, dass gerade der Einstiegsmarkt extrem preissensitiv ist und dass die Konkurrenz mitten im Kostenkrieg steckt. So liegt Jeanneaus Neue mit 64.855 Euro im Standard noch knapp unterhalb des Bavaria-Niveaus – eine kleine Sensation. Wobei dies noch zu relativieren ist.
Die Zehn-Meter-Klasse ist jedoch nicht nur für den Finanzvorstand jeder Werft ein Alptraum, sondern auch ein Horror der Konstrukteure. Es gilt fixe Größen wie Stehhöhe, Kojenmaße und Duschmöglichkeit sowie maximalen Strauraum unterzubringen – bei vertretbarer Optik. Und gut segeln sollen die kleinen auch noch.
Sun Odyssey 30i: Schwierige Bootsgröße
Auf der Suche nach dem besten Kompromiss aus schmalen Vorschiff und großer Kojenbreite sowie gelungener Volumenverteilung wählte man für die Sun Odyssey 30i einen leicht ovalen Vorschiffsspant. Die Wasserlinienbreite ist vorn schmal, der Freibord wird weiter oben schnell breiter und verjüngt sich dann wieder etwas. Die Form erlaubt eine Kojenbreite von satten 1,60 Metern. Ein Kunstgriff lässt den Salon größer, breiter und offener erscheinen, als man es auf Booten dieses Segments gewohnt ist. Die Tür zum Vorschiff ist in der Senkrechten faltbar, wodurch sie zum einem mit 54 Zentimetern breit ausfällt; zum anderen trägt sie im geöffneten Zustand zum besagten Raumgefühl bei.
Auf dem Rest des Bootes sind nun noch eine Achterkammer, Pantry und WC unterzubringen. Sowie Salonkojen, auf denen auch mal jemand schlafen kann, sei es auf See oder ein Gast. Auch diese Vorgabe gelang, zumindest an Backbord. Dort lässt sich die Koje, die auch als Sitz am Navigationstisch dient, an dieser Stelle per Polster auf 2,14 Meter verlängern.
Die Koje an Steuerbord ist mit einer Länge von 1,80 Metern wenigstens noch von einem Kind nutzbar. Ein längeres Sofa auf dieser Seite wäre zu Lasten der angrenzen den Pantry gegangen. So gibt es in der Bordküche genug Fußraum und einen ordentlichen Kühlschrank mit rund 100 Liter Kapazität, genug Ablagefläche und Schapps sowie einen zweiflammigen Kocher und mehr Stauraum. Oder optional einen Ofenkocher respektive eine Mikrowelle.
Gegenüber liegt das Bad. Es ist so lang, dass es ausreichend Fußraum für einen Duschplatz bietet, der sich per Vorhang sogar von WC-Bereich abtrennen ließe und durch einen Duschsumpf, elektrische Abwasserpumpe und ausziehbaren Duschkopf schon im Standard einen guten Komfort gewährleistet. Der Warmwasserbereiter ist jedoch ein Extra.
Fehlt noch die Achterkammer. Die Koje ist hier quer eingebaut. Der Kunstgriff ermöglicht volle Schlaflänge bei noch akzeptabler Breite von 1,40 Metern. Der Salzbuckel als solcher mag nun mangelnde Seetauglichkeit anprangern, weil bei Krängung dort niemand ruhen kann. Aber dafür (und die in der Praxis eher seltene Anforderung) gäbe es ja noch zumindest für eine Person die Koje im Salon.
Quer eingebaute Koje plus kleines Schiff gleich wenig Platz unter dem Cockpit – dieser häufige Automatismus trifft auf der Sun Odyssey nicht zu. Der Raum zwischen Polster und Plichtboden dürfte für alle Eventualitäten langen und schränkt ohnehin nur einen kleinen Teil der Schlafstatt ein.
Sun Odyssey 30i: Innenraum mit Hirn und Herz
Diese Maßnahmen klingen, als sei das Boot von innen nach außen entworfen worden. Tatsächlich aber hat Marc Lombard, einer der vielseitigen französischen Konstrukteure, es geschafft, den aufgepumpten Bettenbomber zu vermeiden. Der Mann aus La Rochelle, der neben weiteren Jeanneau-Aufträgen für Ovni, Privilege, Fora Marine und Akiliaria zeichnet, hat zwar Komfortmaßnahme als Vorgaben erhalten, aber dabei immer auch einen hübschen und leistungsfähigen Rumpf realisieren wollen.
Die Linien und der leichte Deckssprung sind durchaus ansprechend. Lediglich auf den Zeichnungen wirkt das Boot von oben betrachtet etwas plump, da diese Art der Darstellung nur die maximalen Breiten des Decks, nicht aber die Form des Rumpfes darunter zeigen kann.
Auch unter Deck gefallen die Proportionen ebenso wie der Ausbau als solcher in so genanntem Fine Teak. Das ist Plantagenware, die zu Furnieren geschnitten wird. Anschließend werden diese wieder zu Massivholz zusammengeleimt. Das sieht ansprechend aus und dürfte langlebig sein. Auch über kleine Dinge freut sich der Betrachter: Schon im Standard sind genügend Deckenspots und Leselampen, 12 und 230-Volt-Steckdosen sowie Fenster und Luken vorhanden.
Weiterhin positiv: Die Spalte zwischen den nebeneinander stehenden Schappklappen lassen sich exakt parallel einstellen, weil die Scharniere nun ovale Löcher haben. Und in der Bilge tatsächlich zentral zusammenlaufen, da die verbindenden Öffnungen in den Spanten der Bodengruppe nicht nachträglich und somit zu weit oben gebohrt sind, sondern als halbkreisförmige und maximal tief liegende Ausformungen hergestellt wurden.
Innen lässt sich dem Gesamtkonzept, der Ausführung und den Details nur wenig Kritik entgegenstellen: Die Schlingerleisten auf den Oberschränken im Salon könnten wie die Ablagen im Vorschiff auch mehr Staugut sichern, wenn sie höher gestaltet wären. Die Mulden der Handgriffe im Salon würden mehr Halt bieten, wenn sie tiefer ausgeformt wären. Alles in allem: Innen ist das Schiff für seine Größe schlichtweg klasse.
Sun Odyssey 30i: Modernisierung mit Maß
Von außen betrachtet, zeigen sich im Vergleich zur Vorgängerin Sun Odyssey 29.2 die üblichen Zeichen und Veränderungen der Zeit: Das Heck ist etwas breiter, Wasserlinie und Mast sind länger, Segelfläche und Tiefgang größer, die Optik prägnanter.
Auch die Bauweise ist bei dem neuen Schiff modernisiert: Während der Rumpf konventionell im Handauflege-Verfahren als Volllaminat entsteht, wird das Deck im Vakuum-Injektionsverfahren hergestellt. Durch die beidseitigen Bauformen entstehen glatte Oberflächen auf der Außen - wie auf der Innenseite des Decks. Der kontrollierte Materialeinsatz und der definierte Harzanteil ermöglichen ein niedrigeres Gewicht bei derselben Festigkeit gegenüber einem Handlaminat.
Sun Odyssey 30i: Dezidierte Fahrtenyachten
Insgesamt alles Maßnahmen, die eine Yacht in Kombination mit weiterentwickeltem Design-Know-how schneller und höher segeln lassen sollten. Die Segeltragezahl von lediglich 4,15 weist die Sun Odyssey 30i der Papierform nach zwar als reines Fahrtenschiff aus. Die Macher haben Werten wie Platzangebot, Komfort und simpler Bedienung höhere Priorität als der reinen Geschwindigkeit eingeräumt.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die neue Sun Odyssey 30i langsam ist oder gar tot, wie sich beim weltexklusiven Test vor Jeanneaus Stammhafen Les Sables d'Olonne in der Vendee herausstellte. Dort, wo im November 30 Solisten mit ihren ultraheißen Neigekielrennern vom Typ Open 60 zur Ein- hand- nonstop- rundum -Regatta Vendee Globe Challenge starten, zeigt die 30i, wie agil und seglerisch befriedigend ein halb so großes Fahrtenboot unterwegs sein kann. Im Standard mit Pinne ausgestattet, steuert sich das Schiff leichtgängig und natürlich direkt. Acht bis zehn Knoten Wind genügen für Geschwindigkeiten von bis zu sechs Knoten an der Kreuz bei einem Wendewinkel zwischen 80 und 85 Grad. Das ist exzellent, besonders angesichts der vorherrschenden Welle, die zwar nur rund einen halben Meter hoch ist.
Windrichtung läuft. Bei einem Einfallswinkel von 60 Grad klettert die Logge auf bis zu 6,5 Knoten, und 6,7 sind es bei halbem Wind. Ohne Spi lassen sich auf tieferen raumen Kursen noch bis zu sechs Knoten erzielen. Der Ruderdruck ist auf den entsprechenden Kursen maßvoll und liefert genug Feedback. Große Konzentration erfordert das Boot nicht. Der Steuermann arbeitet sitzend in Luv oder Lee und hockt dabei komfortabler im Cockpit als auf den Duchten.
Das Rad ist mit einem Durchmesser von 110 Zentimetern ausreichend bemessen. Wer lieber vom Süll aus steuert, könnte zehn Zentimeter mehr Radius wählen, wodurch jedoch der Weg in die Plicht und retour erschwert würde. Auch das stehende Steuern zentral hinter dem Rad erzwingt keine Kopfverrenkung wie auf vielen anderen kleinen Yachten; das Achterstag ist doppelt ausgeführt. Einen Taljenspanner vermisst man jedoch in Grundausstattung. Der Rudergänger erreicht vom Rad aus die Genuawinschen, an denen aber der Mitsegler ebenso gut werkeln kann. Die Großschotist nur vierfach untersetzt, was bei mehr Wind zu Sport ausartet. Auch sie kann, weil im Cockpit auf dem Boden und nicht vor dem Niedergang angeschlagen, vom Rad aus bedient werden, wodurch das Boot perfekt einhandtauglich und kleincrewfreundlich ist. Funktional kaum zu beanstanden ist eine Sparmaßnahme auf dem Kajütdach. Dort findet sich nur an Backbord eine Winsch samt Klemmenbatterie. Die organisiert Fallen, Reff- und Rollreffleinen sowie den Unterliekstrecker. Der Niederholer wird direkt an seinem Fußblock per Klemme belegt. Das Arrangement hält die Steuerbordseitewinschfrei und ermöglicht stattdessen eine Dachluke für die Achterkammer.
Serienmäßig wird das Schiff mit gut stehenden und ausreichend profilierten Quantum-Produkten ausgestattet. Das Zweisalingsrigg kommt von Seiden und überzeugt durch saubere Details wie die neue, hübsch in den Mastfuß integrierte Blockreihe des schwedischen Herstellers. Auch unter Motor kann die Jeanneau gefallen: Die Geräuschentwicklung ist nur in der Plicht mit 82 db(A) noch zu laut. Mit Marschfahrt kommt sie auf 6,4 Knoten, mit Vollgas sind es immerhin 7,2. Der 21 PS liefernde Yanmar treibt den Zweiflügler per Welle an. Die Lösung bewirkt eine direktere Anströmung des Ruderblatts. Unter Motor zeigte sich das Schiff somit als braver Befehlsempfänger. Komfortabel wohnen, gut schlafen, zügig und angenehm segeln - die Sun Odyssey bietet, was ein Schiff braucht. Fehlt noch die kostenmäßige Einordnung. Im Grundpreis ist die Jeanneau Klassensiegerin.
Legt man allerdings das Ausstattungspaket "Preis segelfertig nach YACHT-Definition" zugrunde, kommt die Sun Odyssey 30i auf fast exakt die Kosten für die Bavaria, liegt aber rund 7000 Euro unter der Hanse 320 oder etwa 6700 Euro unter der Oceanis 31. Die drei Schiffe sind allerdings bis zu 76 Zentimeter länger, etwas breiter, somit deutlich voluminöser und nur eingeschränkt vergleichbar. Weiter stellt sich die Frage, ob der Jeanneau etwas Grundlegendes fehlt, was teuer kommen würde. Wer auf eine Radsteuerung nicht verzichten mag, muss dafür bei der 30i 2500 Euro auf den Tisch legen; das Feature ist auf der Oceanis und der Bavaria bereits Standard. Eine Scheuerleiste fehlt ebenfalls auf der Sun und ist auf der Bavaria wieder von vornherein dabei. Gleiches gilt für einen Rodkicker, Logge und Lot oder Windmessanlage sowie den Landanschluss und Batterielader. Diese Dinge sind partiell auch auf der Hanse und der Oceanis von Haus aus installiert und können den Endpreis egalisieren, je nach Ausstattungswunsch.
Sun Odyssey 30i: Fazit
Nun hängt ja nicht jede Entscheidung am Preis - vieles beruht auf persönlichen Vorlieben. Potenzielle Kunden werden sich Alternativen in der Bootsklasse ansehen. Und da gäbe es neben den genannten Schiffen noch Dufours 325 Grand'Large sowie die kleinere Dehler 29. In jedem Fall aber ist die Sun Odyssey 30i eine Überlegung wert.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten