Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detallierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten, sowie präzise technische Angaben.

Hier geht es zum kostenpflichtigen Download (3,-€, Autor: Michael Naujok, Heft 12/1999):  > Yachttest der Sun Odyssey 40

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Yachttest der Sun Odyssey 40

Sun Odyssey 40

Erst ein halbes Jahr auf dem Markt und schon über 90mal verkauft – was macht den ungewöhnlichen Erfolg dieser Daniel-Andrieu-Konstruktion aus? Bei starken bis stürmischen Winden konnten wir den neuen Jeanneau-40-Fußer auf dem Atlantik vor La Trinité kräftig gerefft durch die Wellen prügeln. Obwohl diese Art der Segelei bei Familiencrews normalerweise wenig Freude aufkommen läßt, für einen Test war es ideal, so erfährt man die Leistungsgrenze der Sun Odyssey 40.

Sun Odyssey 40: Konzept

Schon seit Jahren hat Jeanneau zwei Käuferschichten im Visier: zum einen die Charterfirmen, zum anderen die Privat eigner. Deshalb wird die neue 40er in zwei Ausführungen angeboten. Die Eignerversion hat im Heckbereich eine große Doppelkoje und nebenan separat einen riesigen Stauraum. Mit den beiden Kojen im Vorschiff und einer herrichtbaren Doppelkoje im Salon stehen sechs Schlafplätze zur Verfügung. Die Charterversion bietet im Heck insgesamt vier Kojen und kommt damit auf insgesamt acht Schlafplätze. Nach unserer Einschätzung kann man zwar das Schiff mit acht Leuten belegen, aber dann wird’s besonders unter Deck an Bord etwas eng. Zum Beispiel am Salontisch (99 x 67 Zentimeter), der für sechs gerade richtig ist. Auch die übrige Ausstattung ist auf diese Crewgröße ausgelegt. Nach CE-Norm sind sogar zehn Personen für das Fahrtgebiet Hochsee (A) zugelassen, aber das sollte man nun wirklich nicht ausprobieren; es ein denn, man will ins Guinness-Buch der Rekorde.

Sun Odyssey 40: Kontruktion

Der Entwurf vom französischen Designer Daniel Andrieu stellt mit der Topptakelung den Skipper vor keine schwere Aufgabe. Der Mast – einmal im Frühjahr getrimmt – muß während der Saison nicht nachjustiert werden.

Die Rumpf- und Deckslinien sind ausgesprochen harmonisch. Keine extremen Überhänge, keine extremen Fensterfronten, kein extremer Aufbau. Ähnlich wie beim Konkurrenten Dufour vertraut man auf die klassische Optik und paßt sich mit modernen Unterwasserschiffslinien dem Trend der Zeit an. Das heißt: weg von irgendwelchen Vermessungs-Formelzwängen, hin zum vernünftig segelnden Schiff. Seit Jahren setzen die Bootsbauer aus Les Herbiers bei Nantes auf die Verwendung von hochfesten Aramid-Fasern (Kevlar). Nun nicht gleich für das gesamte Laminat, wohl aber als zusätzliche Verstärkung. Eine Lage im Rumpf und mehrere Lagen an besonders beanspruchten Stellen (Püttingbereich, Kielbereich) sorgen für hohe Zug- und Schlagfestigkeit.

Das Deck besteht aus Sandwichlaminat mit einem Balsaholz-Kern. Der Rumpf wird massiv laminiert. Grundsätzlich handelt es sich um Handauflege verfahren. Gebaut wird bei Jeanneau nach CE-Norm. Rumpf und Deck sind verklebt und verschraubt. Das Deck ist durch eine tragende Innenschale zusätzlich verstärkt.

Sun Odyssey 40: Segel-& Manövriereigenschaften

Wie schon eingangs erwähnt: Bei Nord- west von 6 bis 7, in Böen auch mal 8 Beaufort, da kann eine Segelyacht schon zeigen, ob alles zusammenpaßt – und hält.

Um uns an das Wetter zu gewöhnen (6 Grad mit Graupelschauern), starten wir zunächst unter Maschine. Der Vierzylinder von Yanmar mit 41 Kilowatt Leistung springt sofort an und schnurrt willig unter dem Cockpitboden. Mit einer spezifischen Leistung von 5,6 Kilowatt pro Tonne Verdrängung verfügt die 40er über ein überaus wirkungsvolles Kraftpaket. Bei voller Drehzahl (3650 Umdrehungen pro Minute) kletterte das Speedometer sogar deutlich über die 9-Knoten-Marke. Gemessen an der theoretischen Rumpfgeschwindigkeit von 7,75 Knoten ein beachtlicher Wert. Sehr angenehm wirkt sich das auf die Marschfahrt aus. So gelingt es der Sun Odyssey 40 mit gerade mal 2800 Umdrehungen als Dauerleistung locker, 7,3 Knoten zu erreichen.

Und der Geräuschpegel? Bis auf die Achterkajüte, in der die Kavitationsgeräusche des Propellers etwas unangenehm wirken, notieren wir alles im leisen Bereich, also unter 75 Dezibel (A). Im Vorschiff gar nur 68; hier kann die Freiwache selbst unter Maschinenbetrieb ruhig schlafen – vorausgesetzt, man motort nicht gegen die Wellen an. Klar, daß man mit dieser Power auf engem Raum drehen, schnell aufstoppen und sogar gegen Wind flott vorankommen kann. Schon bei Motorfahrt stellen sich die beiden Steuerräder als eine Superlösung heraus. Besonders beim Längsseitsanlegen verliert man nicht den Überblick. Zentimetergenau läßt sich die Bordwand an den Steg legen.

Wir setzen das Groß mit zwei Reffs und rollen das Vorsegel auf zirka 60 Prozent seiner Fläche aus. Damit haben wir etwa 48 Quadratmeter stehen. Tuch genug, um in den Böen flach gelegt zu werden. Oftmals taucht die Fußreling in den Atlantik. Dennoch stellen wir fest: Selbst bei dieser extremen Krängung läuft die Yacht nicht aus dem Ruder, sondern bleibt jederzeit beherrschbar. Klar, das Schiff ist luvgierig, aber die Strömung am Ruder bleibt erhalten. Nur eine besonders stramme Böe bringt uns vom Kurs ab: Die Fußreling taucht weit unter, das Heck hebelt heraus, und das Schiff dreht in den Wind. Wir haben dieses Manöver bewußt in Kauf genommen. Mit weiter reduzierter Segelfläche blieb die Sun Odyssey dann wieder brav auf Kurs.

Wie schon unter Maschine festgestellt, die Doppelradanlage ist einfach Spitze. Die Räder liegen perfekt in der Hand, man hat genügend Freiraum und kann jederzeit die Seiten wechseln. Der Überblick nach vorn wird somit erheblich verbessert – was besonders auf enger Revierfahrt von großer Bedeutung ist.

Trotz der ruppigen Wellen vor der Küste setzt der Steven relativ weich ein, und nur selten kommt grünes Wasser in Mengen bis ins Cockpit. Mit einem Sprayhood wäre die Crew sicher ganz trocken geblieben.

Der Rudergänger kann zwar die Vorsegelschot bedienen, die Großschot mit Traveller auf dem Kajütdach aber bleibt dem Vorschoter vorbehalten. Der Einhandsegler hat’s schwer auf der 40er. Es sei denn, er läßt sich die Großschot nach achtern verlegen (was möglich wäre, liebe Werft!).

Ansonsten sind wir vollauf zufrieden. Die Yacht liegt gut auf dem Ruder, dreht flott und schafft an der Kreuz gute 6,8 Knoten. Mit halbem Wind erreichen wir oft die 8-Knoten-Marke.

Sun Odyssey 40: Wohnen & Ausbauqualität

Die Raumaufteilung empfinden wir als gelungen. Bei der Wahl zwischen zwei oder drei Schlafkammern muß man nicht unbedingt Charterambitionen haben. Ebensowenig wie bei der Wahl von einer oder zwei Naßzellen. Der Salon ist hell und gemütlich, und die beiden Sessel an Backbord verleihen der Yacht einen Hauch von Luxus. Alle Abmessungen (Höhen/Kojenlängen) liegen im guten, normalen Bereich.

Trotz flachem Unterwasserschiff hat die 40er einen kleinen Wassersammler mit Absaugpumpe unter den Bodenbrettern.

Auf den ersten Blick macht der Holzausbau einen guten Eindruck, doch leider findet man unter Polstern und Kojen die eine oder andere rohe Holzkante, die nach dem maschinellen Zuschnitt mit dem Schleifer nicht einmal gebrochen wurde. Man wird sich daran kräftig verletzen. Außerdem kann hier Wasser ins offenliegende Sperrholz eindringen. Auch an Deck finden wir ein ärgerliches Detail: Im Prinzip lobenswert ist eine in die Fußrelingsmitte eingesetzte Klüse. Leider ist die aber so scharfkantig, daß ein Festmacher schnell durchgescheuert sein wird. Hier muß nachgebessert werden.

Sun Odyssey 40: Ausrüstung & Technik

Schon seit Jahrzehnten setzt man bei Jeanneau auf Markenbeschläge. Eine große Werft kann es sich nicht leisten, am falschen Ende zu sparen. In erster Linie ist Lewmar der Lieferant. Dimensionierungen und Plazierungen stimmen. Beim Motor kann man wählen zwischen Volvo Penta und Yanmar. Die Leistungen reichen von 29 bis 41 Kilowatt. Unser Tip: Wenn Sie es komfortabel haben wollen, wählen Sie die große Maschine – der Aufpreis lohnt sich, auch beim Wiederverkauf.

Sun Odyssey 40: Fazit

Für 260.000 Mark segelt man ein Schiff, bei dem das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Wir halten die Optik der Sun Odyssey 40 für gelungen. Sie segelt sich vortrefflich und hat ein wohnliches Innenleben. Die doppelten Steuerräder im breiten Cockpit sind keineswegs nur ein technischer Gag. Sie sind praxisgerecht und vorbildhaft für die Klassenkonkurrenz. Was auf dem Schiff fehlt, ist ein wenig mehr Liebe zum Detail. Scharfkantige Beschläge und unbearbeitete Schnittkanten sollten auf einer Yacht dieser Kategorie eigentlich nicht vorkommen.

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