Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detallierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Michael Good, Heft 02/2013

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Yachttest der Sun Odyssey 479

Die Sun Odyssey Yachten erhalten einen neuen Typennamen. Aus der Sun Odyssey 469 (Test in YACHT 02/2013) wird die Sun Odyssey 479

Yachttest der Sun Odyssey 479

Keine andere Werft präsentiert sich derzeit mit einem vergleichbar homogenen und durchdacht abgestuften Programm. Dessen Merkmale zeichnen auch die Sun Odyssey 479 aus, das jüngste und letzte Boot der Fahrtenreihe: ausgeprägte Kimmkanten im Rumpf, doppelte Steuerräder, eine große Badeklappe am Heck sowie ein flexibler, für das jeweilige Einsatzrevier gut abstimmbarer Segelplan.

Wie ihre kleineren Schwestern 409 und 379 ist auch sie nominiert zur Wahl als Europas Yacht des Jahres – eine Art Vorschusslorbeer für Konzept, Optik, Leistung und Qualität. Diese Erwartungen, so viel vorweg, löst die Sun Odyssey 479 in der Praxis auch durchaus ein.

Sun Odyssey 479: Unter Segel

Für den YACHT-Test in der Bucht von La Spezia muss sich der 13,65 Meter lange und über zehn Tonnen schwere Tourer erst mal durch einen leisen Hauch von Wind quälen. Nur 6 Knoten Thermik hat das Revier an diesem Tag zu bieten, mehr nicht. An Bord kommt dennoch Segelgenuss auf. Insbesondere dank einer erfreulichen Option: Der rollbare Code Zero bringt die Jeanneau mit verblüffender Leichtigkeit in Bewegung. Die Logge klettert bei einem Winkel von minimal 70 Grad gegen den Wind rasch auf 6 Knoten Fahrt, das entspricht der wahren Windgeschwindigkeit und ist ein Ausweis guter Aero- und Hydrodynamik.

Wer richtig kreuzen will, muss dann aber doch auf das gewöhnliche Vorsegel zurückgreifen. Dafür sieht das Sun-Odyssey-Konzept verschiedene Varianten vor: Neben der Standard-Genua mit 106 Prozent Überlappung gibt es als Alternativen eine Selbstwendefock oder ein größeres Vorsegel mit langem Unterliek (bis 140 Prozent Überlappung). Im Vergleich zum Wettbewerb bietet Jeanneau damit mehr Wandelbarkeit und kann so verschiedene Reviere abdecken.

Mit der kurzen, serienmäßigen Genua segelt die Sun Odyssey 479 bei schwachem Wind auf einem Winkel von 45 Grad mit immer noch annähernd 5 Knoten. Das ist recht beachtlich für ein Schiff mit einer Segel- tragezahl von 4,4. Am Vortag, als Thermik für 10 bis 12 Knoten Wind sorgte, erreichte die Jeanneau an der Kreuz respektable 7,2 Knoten durchs Wasser bei Wendewinkeln von deutlich unter 90 Grad. Philippe Briand, Jeanneaus Konstrukteur für alle größeren Schiffe ab 40 Fuß Länge, gilt zu Recht als Garant für ausgewogene Segeleigenschaften.

Auch das Steuern erweist sich als sehr angenehm. Die Ruderanlage ist gut übersetzt, relativ leichtgängig und liefert schon bei wenig Druck und Fahrt eine spürbare Rückmeldung an den Steuermann. Zudem bewegt sich das stattliche Schiff im Manöver mit erfrischender Lebendigkeit. Es macht Spaß, dieses große Boot zu segeln – selbst bei wenig Wind.

Ähnlich wie Hanseyachts folgt Jeanneau dem Trend, die Schoten für Großsegel und Genua beidseitig über das Süll bis nach achtern, direkt vor die Steuersäulen, zurückzuführen. Speziell für Fahrtensegler, die mit kleiner Crew oder auch Einhand unterwegs sind, hat sich diese Anordnung bisher bewährt.

Allerdings bedarf die wechselseitige Bedienung der Winschen etwas Übung und einer guten Vorbereitung. Die Großschot muss vor der Wende jeweils abgeklemmt und nach dem Manöver wieder neu über die gegenüberliegende Winsch aufgelegt werden. Eine zweite Winde auf dem Süll wäre deshalb wünschenswert, zumal sie bei langen Passagen auch mehr Ausfallsicherheit bieten würde, ist aber leider nicht erhältlich.

Dafür kann man die Primärwinschen mit Elektro-Antrieben versehen, die auf einem Fahrtenboot dieser Größe durchaus zu empfehlen sind. Es gibt sie als Einzelpositionen auf der Liste der Extras oder im Rahmen der zahlreichen, vernünftig zusammengestellten Ausstattungspakete.

Sun Odyssey 479: An Deck

Das Cockpit der Sun Odyssey 479 ist übrigens ohne Einschränkungen von der größeren Schwester Sun Odyssey 509 übernommen (Test in YACHT 2/12). Cockpittisch, Steuereinheiten und die Duchten sind in Größe und Abmessungen identisch. Nur die Breite der Plicht wurde beim kleineren Boot um 15 Zentimeter reduziert. Unverändert ist auch die große und klappbare Badeplattform mit einer stattlichen Breite von 1,83 Metern und einer Tiefe von 90 Zentimetern.

Im Vergleich zu den kleineren Modellen der Reihe fällt bei den beiden Flaggschiffen die Badebühne größer aus. Dazu sind die Scharniere tiefer am Heck angeschlagen. So liegt die Plattform geöffnet nur knapp 40 Zentimeter über der Wasseroberfläche, was das Anbordkommen nach dem Baden vereinfacht. Eine elektrische Hub- und Absenkeinrichtung für die Plattform kostet extra und benötigt geschlagene 32 Sekunden pro Vorgang. Einfacher und schneller geht es ganz von Hand über Seilzug.

m Heck ist ein großes Fach für die Rettungsinsel vorgesehen. Gestaut werden kann hier ein Floß für bis zu zehn Personen. Allerdings ist das Fach wegen des hinten mittig angeschlagenen Achterstags nur von oben zugänglich – im Notfall muss die schwere Insel mit viel Kraftaufwand aus ihrer Versenkung hochgewuchtet werden. Dafür steht ansonsten ausreichend Stauraum in Backskisten, Ankerkasten und einer Segellast im Bug zur Verfügung, der zudem überwiegend gut erreichbar ist.

Sun Odyssey 479: Unter Deck

Ihre konzeptionelle Nähe zur 509 verrät die Sun Odyssey 479 auch unter Deck. Hier übernimmt sie von ihrer noch etwas größeren Schwester das generelle Layout sowie ganze Teile des Interieurs. So zeigen sich die Kabinen bei beiden Booten einheitlich. Kleine Abweichungen gibt es lediglich bei den Kojen achtern. Bei der Sun Odyssey 479 erfüllen sie mit einer Breite auf Schulterhöhe von 1,41 Metern nur noch knapp den Komfortanspruch an Yachten dieses Formats.

Die Grundversion bietet drei Kabinen und zwei Nasszellen. Alternativ dazu kann achtern ein weiteres, dann aber kleineres Bad ohne abgetrennte Dusche eingebaut werden. In dieser Variante wird die sonst L-förmig angeordnete Pantry zur langen Küchenzeile an Steuerbord umgebaut.

Die Anordnung ist bei Fahrtenyachten zwar generell etwas aus der Mode gekommen, wird aber immer noch nachgefragt.

Eine weitere Ausbauversion zielt vor allem auf den Einsatz im Charterbereich. Mit einem zu zwei Kabinen geteilten Vorschiff stehen dann insgesamt vier Kammern zur Verfügung. Allerdings wird es vorn dann schon recht eng. Auch beim Vierkabiner bleibt die Pantry als Lange Zeile seitlich an Steuerbord. Wem drei Kammern reichen, der sollte die von uns getestete Variante in Erwägung ziehen (s. Illustration oben links). Sie bietet hinsichtlich Komfort und Seetauglichkeit den besten Kompromiss.

Bemerkenswert ist neben dem Platzangebot auch die harmonische Gestaltung der Kajüte. Jeanneaus Stylisten haben es verstanden, ein zeitgemäßes, zugleich helles wie auch freundliches Ambiente zu schaffen, das den Aufenthalt unter Deck sehr angenehm macht. Belüftung und Beleuchtung sind hervorragend, ebenso die Ausblicke, die Aufbau- und Rumpffenster ermöglichen.

Lediglich in einem Punkt ließ die Sun Odyssey 479 Verbesserungspotenzial erkennen: Beim Testboot trübten leise Quietschgeräusche im Seegang den sonst guten Gesamteindruck. Einige Einbauten, unter anderem die Nasszelle an Backbord, arbeiteten in der Welle leicht gegen Rumpf und Deck. Das ist mehr ein Ärgernis als ein grundlegendes strukturelles Defizit. Aber auf langen Törns kann es nerven. Und es wird ja mit den Jahren nicht besser. Hier wäre eine sorgfältigere akustische Entkopplung wünschenswert.

Sun Odyssey 479: Fazit

Alles in allem aber liefert Jeanneau mit der Sun Odyssey 479 eine ausgezeichnete Fahrtenyacht ab, die als Abschluss das Programm durchaus krönt, auch wenn sie nicht das größte, nur das jüngste Modell ist. Gegenüber dem Flaggschiff 509 muss man auf nichts Wesentliches verzichten, allenfalls auf etwas mehr Luftigkeit und Luxus in visueller Hinsicht.

Das spiegelt sich auch in der Preispolitik. Die Sun Odyssey 479 kostet 235.380 Euro ab Werft und damit mehr als die vergleichbare Konkurrenz aus Deutschland. Wer den Aufpreis verkraften kann, erhält dafür ein optisch gelungenes Boot mit überzeugendem Gesamtkonzept, das sich seine Nominierung zu Europas Bestenwahl wohlverdient hat.

 

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