Yachttest der Dehler 38
Dehler 38: Neuanfang für Dehler!
Dehler wird 50 und gönnt sich eine neue 38er. Die markiert einen Neuanfang. Nicht weniger. Die im Januar auf der boot Düsseldorf als Weltpremiere vorgestellte Dehler 38 ist das erste komplett bei Hanseyachts entwickelte und gebaute Schjff nach der Standortverlagerung von Freienohl im Sauerland nach Greifswald in Mecklenburg- Vorpommern. Dort entsteht die Konstruktion der langjährigen Hausdesigner Judell VroJijk & Co. neben den anderen Typen der Werftengruppe, unter einem Dach mit Moody, Hanse, Fjord und nun auch Varianta. Was bleibt da an Identität, an Eigenständigkeit, wie grenzt sich Dehler ab, was unterscheidet die neue beispielsweise von einer Hanse 385.
Dehler 38: Auch der Chef kauft!
Einer, der das wissen muss, ist Karl "Kalle" Dehler. Der hatte die Werft seine Vaters verlassen, war zum Wohnmobilberteller Hymer gewechselt und ist seit 2004 Entwickler bei Hanseyachts. Als Hansechef Michael Schmidt den Hersteller aus dem Sauerland 2008 aus der Insolvenz rettete, ist die Marke Kalle Dehler sozusagen an die Küste gefolgt. Der Techniker und ebenso erfahrene wie erfolgreiche Segler freut sich Über die neuen Möglichkeiten, die alte DNA der sportlichen, hochwertigen und pfiffig ausgestatteten Yacht wiederzubeleben: "Wir haben hier 3-D-Design-Programme, Fünfachsfräsen, neueste Laminiertechnologie. Das ist technisch Weltspitze. In Freienohl war der Stand der Achtziger Jahre.Die neue Dehler 38 ist im Jahr de 50-jährigen Werftjubiläums für Kalle Dehler auch aus einem anderen Grund ein wichtiges Boot: Er hat selbst eine bestellt und will damit ganz in der Tradition der Werft mit der Familiencrew Regatten segeln.
Dehler 38: Optik
Was die Dehler von Fahrtenseglers Großserienware unterscheidet, verdeutlichen die schwimmenden Stegnachbarn. Egal, ob Hanse, Bavaria oder Oceanis von Beneteau: Die Dehler 38 kommt schlanker, flacher, graziler daher. sieht einfach gut aus, sportiv, elegant, durch die lang gezogene Fensterlinie mit dem Aluminiumprofil an der Oberseite auch eigenständig.
Betrachtet man dazu die schon in der Grundversion hohe Segeltragezahl von über 4,6, wird deutlich: Die Konkurrenz ist denn auch klar bei den Performance- Cruisern zu suchen, wo besonders die neueren Boote wie Dufour 36, Grand Soleil 39, Solaris One 37, XP 38 und Salona 38 zu nennen sind. Ein wichtiges Merkmal der Dehler 38 ist ihre Vielseitigkeit. Das Boot lässt sich in verschiedenen Leistungsstufen ordern. Das Testschiff ist eine Standardversion mit Alumast, 2,0 Meter tiefem Kiel und Heckklappe. Auf Wunsch gibt es auch einen nur 1,60 Meter tiefen Flachkiel. Oder man ordert die heiße Competition-Version: Carbonrigg (von Pauger), Tiefkiel mit 2,2 Metern. Leichtere Stoffschränke in Vor- und Achterschiff sparen Gewicht, ebenso das Weglassen der Heckklappe. Die Unterschiede in der Performance sind gewaltig: Die Standardversion hat einen Rennwert nach ORCivon 631 Sekunden pro Seemeile. Die Competition benötigt für diese Strecke nur 605 Seekunden. Anders ausgedrückt: Den 35 Seemeilen langen Tagestörn beendet das heißere Boot immerhin rund eine viertel Stunde eher. Theorie.
Dehler 38: Im Test unter Segeln
Grau wie der Himmel über der spätwinterlich-frostigen Rade de Marseille. Der optionale 38 PS starke Volvo Penta schiebt das Boot druckvoll vom Steg weg. In der Achterkammer lässt sich jedoch ein erhöhter Schalldruckpegel nachweisen. Zu konstatieren ist weiterhin: 8,2 Knoten unter Volllast sind viel, 7,9 bei Marschfahrt auch. Egal: schön, wenn die Segel oben sind und der Motor aus. Schon auf den ersten Metern zeigt sich: Das Deckslayout mit den serienmäßigen sechs Winschen ist überaus gelungen. Die als german cupper system ausgeführte Großschot verläuft auf die beiden achteren Winschen im Zugriff des Steuermanns. Die Schoten sind mit liegenden Hebelklemmen ausgestattet. So lassen sich auch die Fockschoten auf die achteren Winschen legen; bei Bedarf wird die Großschot in Luv gefahren.
Dehler 38: Cockpitlayout
Die Dehler 38 ist somit perfekt einbandtauglich. Aber auch die Crew freut sich über funktionierende Arbeitsplätze. Der Großsegeltrimmer sitzt entspannt auf dem schrägen breiten Süll und bedient die Winsch neben sich. Ein weiteres Crewmitglied findet dort ebenfalls Platz. Beide können sich gut mit den Füßen in den eingeformten Hohlkehlen der Duchten abstützen. Für den Steuermann gibt es dafür Holzwinkel, die lose mitgeliefert sind und die der Händler nach Beinlänge und Kundenwunsch installiert. Der Rudergänger findet achterlich des Sülls ebenfalls ergonomisch gelungene Sitz- und Stehplätze vor - und wird auch nicht wie auf vielen Booten üblich durch das Achterstag gestört. Das ist was unterwegs noch auffällt: Die Vorarbeit mit dreidimensionalen Rechnermodellen scheint sich in mehrfacher Hjnsicht ausgezahlt zu haben. So liegen die Leinen sauber und störungsfrei. Groß- und Genuaschoten beispielsweise laufen paralell zu Aufbau und Süll und benötigen so keine Winkel. Die Fallen sind jedoch verdeckt in Schächten geführt. Tiefer legen lassen sich auch die Klampen; sie werden bei Nichtgebrauch nach unten ins Deck geschoben. Versenkt sind übrigens auch die Seeventile,die bündig mit der Außenhaut abschließen.
Die 105-prozentige Genua wird in der Standardversion gerollrefft. Die Trommel sitzt über Deck; eine Montage unter Deck wie auf der Dehler 41 beispielsweise wäre dem sportlich-reduzierten Boot angemessener. Gut passen dagegen die Segel des Testbootes zum Schiff: Es war ausgestattet mit Elvströms höherwertiger Ware namens Fast Cruising Laminate (FCL). Die Triradialsegel tanden ausgesprochen ordentlich, gefielen durch eine saubere Profilierung und ließen sich gut an die unterschiedlichen Windbedingungen anpassen.Bedienbarkeit und Segelleistung stimmen.
Geschwindigkeit - weder Hexerei noch oberste Prämisse auf einem Boot, das auch zum Fahrtensegeln taugen soll. Der Kompromiss zählt, und der beginnt bei einem Performance-Cruiser ebenfalls an Deck. Die Badeplattform schließt das offene Heck und ermöglicht einfachen Zugang zum Wasser und Land. Das immerhin 2,16 Meter lange und 0,95 Meter breite GFK-Teilvergrößert das Cockpit am Ankerplatz wirkungsvoll. Es wird per Leinenzug und unterstützt von Gasdruckfedern bewegt.
Ein großer klappbarer Cockpittisch parzelliert die große Plicht und bildet eine gute Möglichkeit zum Abstützen, Festhalten sowie für die Montage des Plotters. Heckklappe (2.370 Euro) und Cockpittisch (1.650 Euro) sind beide Extrasund wären kontraproduktiv auf der Competition- Version. Ein Zugeständnis an die Belange des Fahrtenseglers ist auch die flache, aber immerhin serienmäßig vorhandene Scheuerleiste aus Aluminium. Sie lässt sich für 1.590 Euro gegen eine aus rostfreiem Stahl austauschen, die auch ein bischen dicker ausfällt und so besseren Schutz bietet.
Dehler 38: Unter Deck
Unter Deck die Überraschung: Runde Formen sind wieder da. Ein geschwungener Salontisch, der trapezförmige Navitisch, die abgerundeten Oberschränke, über denen noch Rumpffenster eingebaut sind. Die Einbauten zeigen recht große Radien, die im Gegensatz zu den eckigeren Interieurs der Konzernschwester Hanseyachts stehen. Wobei die Dehler positive Merkmale der Fahrtenlinie übernommen hat: die Varianz. Der Kunde wählt zwischen drei Holzstilen für den Ausbau (Mahagoni, Teak, Eiche), zwei Fußböden (Streifen, Schwarz), diversen Polsterstoffen- und -farben, Matratzensorten und, wichtiger noch, zwischen drei oder zwei Kabinen. Im Heck also zwei Kammern oder anstelle der Backbordkabine eine große Backskiste. Die Kabinen sind durch doppelte Längsschotten akustisch isoliert. Zwischen den bei den Holzwänden steht Schrankraum zur Verfügung. Die beiden Kojen fallen unterschiedlich breit aus. So ist die an Steuerbord immerhin 1,50 Meter breit, während die an Backbord lediglich 1,33Meter misst.
Pfiffig: Die Kabine wird durch das Bad erreicht, das aber mit normalem Salonfußboden belegt ist. Denn Dusche und Toilette sind zusammen in einem kleinen separaten Raum untergebracht, der mit der Badezimmertür geschlossen wird. Gut nachgedacht bat das Entwicklerteam auch im Salon. Dort lässt sich der Navigationstisch in Längsrichtung in einer Schiene gelagert verschieben. In der vorderen Position gibt er einen zweiten Sitzplatz frei; der Navigator blickt in Fahrtrichtung, und der Tisch dient auch als Dinette. Nach achtern gefahren, schließt das mobile Möbel ans Bad an und ermöglicht in Kombination mit einem Einlegepolster eine, wenn auch nur 1,90Meter lange Koje, die aufgrund ihrer zentralen Lage zumindest auf See willkommen ist. Durch die Verschiebbarkeit lässt sich das Backbordsofa auch bei aufgeklapptem Salontisch erreichen.
Zu erwähnen ist weiterhin die Pantry, denn die ist ordentlich groß und gut ausgestattet. Ofenkocher, zwei Spülen und vor allem der sowohl von oben als auch von der Seite aus zugängliche, etwa 130 Liter fassende Kühlschrank können begeistern. Um mehr Arbeitsfläche zu erhalten, sind die Waschbecken und der Kocher mit Einlegebrettern abdeckbar, eine simple gute Lösung.
Dehler 38: Fazit
Insgesamt wirkt das Schiffwertig und gut ausgebaut. Zwar ließen sich auf dem Prototypen noch Bereiche finden, in denen großzügig mit Dichtungsmasse gearbeitet wurde, und es passten nicht alle Bodenbretter perfekt, aber das dürften Petitessen sein, die jede Werft in den Griff bekommen sollte. Neben der generellen Anmutung gefallen aber durchaus Detailarbeiten wie verschliffene Kanten auch in nicht sofort einsehbaren Bereichen, Belüftungslöcher unter Polstern, robuste Scharniere und Gasdruckfedern in den Oberschränken.
Aber auch das 80-seitige Bootshandbuch, das hervorragend jede Installation auf dem Schiff dokumentiert, ist ein Beleg für das Bekenntnis zur Qualität. Aus der langjährigen Dehler-Praxis kommen willkommene Details wie Ablagefächer am Niedergang, solide, aber nicht den Kopfraum behindernde Handläufe im Salon oder teilweise Schubladen unter den Sofas, die das nervige Entfernen der oftmals nicht zu den Ausschnitten darunter passenden Polster obsolet machen.
Gelungen weiterhin das Beleuchtungskonzept mit Spots, Leselampen und der zentral dimmbaren indirekten Beleuchtung. Die Belüftung erfolgt über Vor- und Mittelluk sowie die nach außen aufklappbaren einzelnen Aufbaufenster. ln den Achterkammern stehen je eine Decksluke und ein Cockpitfenster zur Verfügung. Die Öffnungen sind beim Regattasegeln hochwillkommen, um Reste von Schoten und Tauen verschwinden zu lassen.
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