Yachttest der Bali 4.0
Bali 4.0: Alleinstellungsmerkmale
Aus dem Stand fand Bali Catamarans durchaus Alleinstellungsmerkmale. So gibt es keine Trampoline mehr vorn zwischen den Rümpfen, sondern ein komplettes festes Deck. Der Platz wird für eine Sitzgruppe und Liegeflächen genutzt, ein veritables zweites Cockpit vor dem Deckshaus.
Die Vorteile: Liegt das Boot wie im Mittelmeer üblich mit dem Heck zur Pier, sitzt man im Frontcockpit privater. Vor Anker und unterwegs hält sich die Crew auf Wunsch im Wind auf, und es gibt alles in allem mehr Sitz- und Liegeflächen. Ein ähnliches, wenn auch weniger konsequentes Konzept verfolgt Robertson & Caine mit seiner Leopard-Reihe. Im Gegensatz zu den Südafrikanern gibt es aber auf dem Bali keine Verbindungstür zum Vorschiff, sondern eine große absenkbare Fensterfront im Deckshaus. Diese fungiert als Durchreiche und Lüftungsmöglichkeit.
Bali 4.0: Das Deckshaus
Eine weitere Besonderheit ist das große Cockpit, das offen ins Deckshaus übergeht. Soll das Boot komplett verriegelt werden, schließt die Crew die seitlichen Schiebefenster. Und zieht über einen pneumatisch unterstützten Mechanismus die ganze Rückwand des Deckshauses unter dem Dach hervor und klappt diese nach unten. Dann ist das Boot akustisch, thermisch und optisch so geschlossen wie mit einem konventionellen Deckshaus. Maximale Öffnung bei schönen Bedingungen einerseits, fester Wetterschutz nach Wunsch andererseits ist das große Plus des Bootes.
Vom Cockpitende bis zur Aufbaufront gibt es nur eine Ebene, der Raum wird zur offenen Wohnküche oder zur Terrasse mit Kochmöglichkeit, ganz, wie es die Crew ehen will. Ansonsten sind auf dieser Ebene noch eine Navigation untergebracht – und ein Kühlschrank, der vom Boden bis zur Decke reicht. Bei Bavarias Nautitech-Katamaranen der Open-Reihe verfolgt die Werft an Deck ähnliche Ziele, schließt den Außenbereich aber lediglich mit Tuchbahnen und bedient sich dafür einer festen Deckshaus-Rückwand mit einer großen Schiebetür. Auch um die fehlende versteifende Statik eines geschlossenen Deckshauses zu kompensieren, wird der Bali 4.0 recht aufwändig gebaut.
Die Rumpfinnenseiten und die Unterseiten des Brücken- und des Vordecks werden in einem Stück laminiert, und dies im Vakuum-Infusionsverfahren. Diverse einlaminierte sowie eingeformte Verstärkungen sorgen für zusätzliche Festigkeit. Weitere Vorteile: Die Stummelkiele sind einzelne Bauteile, die an die Rümpfe geklebt werden und die im Falle einer heftigen Grundberührung abfallen sollen. Dennoch ist der Kat trockenfalltauglich und kann im Winterlager auf den Kielen abgestellt werden. Weiterhin sind die Bugspitzen als Crashboxen ausgeführt.
Platz ist ein weiteres wichtiges Thema an Bord: Eine 2,30 Meter lange Cockpitducht, zwei Meter Stehhöhe im Deckshaus, das Frontcockpit und die Liegeflächen vorn machen Freude unterwegs, vor Anker und im Hafen. Besonders wiederum der erhöhte Steuerstand, der den Rudergänger vereinsamen lässt, da er vom Cockpit getrennt ist. Es sei denn, Mitsegler folgen ihm auf den zweiten Sitzplatz oder die Decksliege auf dem festen Bimini-Dach. Sämtliche Bedienelemente konzentrieren sich am Rad, Fallen, Strecker und Schoten. Die Übersicht ist okay, wobei das Backbordheck schlecht eingesehen werden kann, was typisch für die gewählte Konfiguration des komplett separierten Kommandostandes an Steuerbord ist. Im Deckshaus realisiert der Importeur Blue Yachting aus Bremen auf Wunsch eine zweite Brücke mit Joystick und elektronischer Motorsteuerung.
Bali 4.0: Katamaran unter Segeln
Das Rigg steht relativ weit achtern, dadurch kann die auf Kats eher seltene Selbstwendefock größer und effektiver ausfallen. In dem Kontext: Das Vorsegel benötigt man nicht zum Unterstützen der Wende, der Bali dreht ganz vorzüglich. Zumindest bei dem glatteren Wasser im Test vor La Grande Motte in Südfrankreich, der nach der dort veranstalteten Multihull-Messe stattfand.
Wie er überhaupt den Menschen am Rad durch recht ordentliche Geschwindigkeiten ebenso zu überzeugen vermag wie durch eine hübsche Agilität am Rad, die bei weitem nicht jedem Zweirumpfer innewohnt. Das macht Freude, durchaus. Gleiches gilt für den Speed: Bei bis zu 15 Knoten Wind schafft der Bali 4.0 rund 7,5 Knoten am Wind, bezahlt dies aber auch mit einem Wendewinkel von gut 110 Grad. Höher an den Wind funktioniert und wäre sinnvoll, um sich Wenden zu sparen, kostet aber viel Speed. Beim Test ging es bis zu 8,2 Knoten schnell bei halbem Wind, ohne einen Code Zero oder Gennaker, was auch auf dem Kat wünschenswerte Turbos sind.
Bali 4.0: Cockpit, Stauräume und Verarbeitung
Die man gut in die Bugstauräume oder in die beiden Kisten vor dem Aufbau packen kann, in denen auch die Tanks und die Ankervorrichtung untergebracht sind. Der Stauraum im Cockpit ist recht begrenzt. Ebenfalls kattypisch: Die beiden Motoren sind achtern in den Hecks in begehbaren Maschinenkammern untergebracht, die von den Innenräumen komplett separiert sind und somit lästige Gerüche und Geräusche fernhalten.
Der Cockpitabschluss lässt sich abklappen und öffnen, ein großer Schwenkbügel dient als Davit für das Dingi, und durch die festen überstehenden Hecks ist das Zweibein längsseits und vom Beiboot aus einfach zu besteigen.
Draußen ist somit vieles fein: Ordentlich Platz, das besondere Deckshaus-Cockpit-Konzept und die Segeleigenschaften sprechen für den Bali 4.0. Auffällig waren am Testschiff jedoch auch ein beuliger Fußboden im Deckshaus sowie insgesamt der recht grosszügige Einsatz von Dichtungsrnasse in Fugen und Übergängen. Und insgesamt wird's unten in den Rümpfen spürbar enger, was Türen, Kojen und generelle Platzverhältnisse speziell im Steuerbordrumpf mit zwei Kabinen betrifft.
Bali 4.0: Unter Deck
Die Gestaltung ist alles in allem recht kattypisch: nüchtern, hell und simpel in der Optik ebenso wie in der Bauausführung. Die Werft bietet das Boot mit drei oder vier Kabinen sowie zwei, drei oder vier Bädern an. In der Eignerversion nutzt dieser den gesamten Backbordrumpf und verfügt dort über eine Doppelkabine, einen Schreibtischund ein großes Bad im Vorschiff.
Gut: Der Rumpf lässt sich mit einer Schiebetür separieren. Damit ist ein katspezifischer Vorteil maximiert: Draußen und im Deckshaus kommt die Crew zusammen, nachts genießt sie optimale Privatsphäre. Insgesamt: Mit seinen Alleinstellungsmerkmalen ergänzt der Bali 4.0 den Markt. Wer einen Kat in der beliebten Klasse um 40 Fuß sucht oder chartern möchte, hat nun neben den Typen Nautitech 40 Open, Leopard 40, Lagoon 39 und Lucia 40 von Fountaine Pajot eine spannende Alternative.
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