Yachttest der Isla 40
Isla 40: Nachfolger des Lucia 40
Mit dem Erfolg ist es so eine Sache. Natürlich wünscht sich jede Werft rege Nachfrage, glückliche Kunden, internationale Bootsbau-Preise, volle Auftragsbücher. Aber was tun, wenn es schon seit Jahren läuft? Wie weiterentwickeln, was ändern - wenn überhaupt? Vor diesem Dilemma steht, seit einiger Zeit bereits, Fountaine Pajot. Das Unternehmen aus La Rochelle zählt zu den gefragtesten Herstellern von Fahrten-Katamaranen - ein Global Player, mit der Übernahme von Dufour inzwischen auch im Markt der Einrumpfyachten eine feste Größe. Das bisherige Einstiegsmodell, der vor fünf Jahren erstmals vorgestellte Lucia 40, hat einen nennenswerten Anteil daran. Er ist rund 300-mal gebaut worden und galt in einem an Wettbewerbern nicht eben armen Segment bis vor Kurzem als meistverkauftes Mehrrumpfboot der Welt - beliebt bei Eignern ebenso wie im Chartermarkt. Vermutlich wäre er das heute noch, hätte Fountaine Pajot nicht vorigen Herbst einen Nachfolger präsentiert.
Der heißt Isla 40 und ist quasi aus dem Stand so begehrt wie der Lucia. Obwohl er Corona-bedingt noch auf keiner einzigen Bootsmesse zu sehen war, scheint er seinen Vorgänger nach Verkaufszahlen sogar noch zu überflügeln. In etwas mehr als einem halben Jahr sind bereits 110 Aufträge für den populären Zwölf-Meter-Kat eingegangen.
Isla 40: Zwei Testtermine
Was ihn so erfolgreich macht? Um das herauszufinden, haben wir ihn gleich zweimal gesegelt. Zunächst vergangenen Oktober, bei ungewöhnlich mildem Herbstwetter infolge eines Zwischenhochs, das nur 5 bis 8 Knoten Wind bot und damit keine aussagekräftige Beurteilung der Segeleigenschaften zuließ. Die zweite Ausfahrt auf der Biskaya fand Ende Februar statt, unter diesig-grauem Himmel, bei winterlich kalten Temperaturen, sonst aber feinen Testbedingungen: 5 Beaufort mit kurzer, kabbeliger See.
Nicht nur wegen des Wiederholungstermins fühlte sich die Begegnung vertraut an. Der Isla 40 basiert tatsächlich zu weiten Teilen auf dem Lucia. Wer nicht genau hinsieht, könnte sogar meinen, dass beide baugleich seien. Doch es gibt durchaus Unterschiede, sowohl stilistisch als auch funktional.
Obwohl er aus den gleichen Formen gebaut wird wie sein Vorgänger, wirkt der Neue eine Spur dynamischer, gestreckter. Der negative Deckssprung, die sich nach achtern verjüngende Fensterfront im Aufbau, das fast schwebend wirkende Aufbaudach und die jetzt leicht inversen statt geraden Steven - auch wenn es nur Retuschen sind, tun sie dem Entwurf gut, der jetzt deutlich die Handschrift des Astrea 44 und Elba 45 trägt.
Konstrukteur Olivier Racoupeau erklärt das Ziel der Feinarbeit: ,,Beim Design haben wir außen wie innen einen Stil entwickelt, der Fountaine Pajot abhebt und die Kernwerte der Marke vermittelt: eine ebenso zeitlose wie zeitgemäße Ästhetik." Tatsächlich reichen drei, vier Striche mit einem Tuschestift, um die gespannte Silhouette des Isla und seiner Schwestermodelle zu skizzieren - eine ikonografische Form, die Energie ausstrahlt und die enorme Freibordhöhe von 1,88 Meter erstaunlich gut kaschiert.
Das Rigg blieb unverändert, und das ist gut so. Obwohl der Trend im Kat-Markt zu weiter achtern stehenden Masten geht, kombiniert meist mit einer Selbstwendefock, hielt die Werft an einer leicht überlappenden Genua fest. Das bringt vor allem bei Leicht- und Mittelwind sowie etwas offeneren Kursen Vorteile.
Das aufgrund des aufwändigeren Ausbaus und zusätzlicher Versteifungen in der Struktur höhere Leergewicht (Isla 9,5 Tonnen, Lucia 8,9 Tonnen) mindert zwar die Segeltragezahl leicht. Mit einem Wert von 4,6 (Lucia 4, 7) liegt der neue Kat aber nach wie vor im oberen Drittel des Wettbewerbsumfelds. Und so präsentiert er sich auch.
Isla 40: Zwei Temperamente
In der sterbenden Brise des ersten Testtörns, für Touren- Kats mit hohem Gewicht und viel benetzter Fläche die schlimmstmögliche Prüfung, ließ er sich an der Kreuz respektable 4 bis 5 Knoten Fahrt abringen bei im Mittel um 8 Knoten Wind. Zwar wird der Wendewinkel dann recht weit; weniger als 110 bis 120 Grad führen nur zu einem drastischen Abfall der Geschwindigkeit nach Luv. Aber man kann sich dabei den Einsatz der beiden Volvo-Penta-Diesel ersparen, und es bleibt in der eher stramm laufenden Steuerung sogar noch ein akzeptables Restgefühl fürs Ruder erhalten. Echte Segelfreude kommt gleichwohl nicht auf.
Signifikant anders dagegen die Eindrücke vom zweiten Schlag bei fast doppelt so viel Druck in der Luft. YACHT-Cheftester Michael Good notierte nicht nur Werte, die bei Halb- und spitzen Raumwindkursen über der Rumpfgeschwindigkeit lagen, sondern auch eine insgesamt erfreuliche Agilität. „Der Isla reagiert gut und schnell aufs Ruder': beobachtete Good. Wenden gelingen flott; ,,ein erneutes Anfahren ist dabei nicht nötig''. Zudem gefielen die recht weichen Bewegungen der Rümpfe im kurzen Seegang. Das Boot zeige „vergleichsweise wenig Neigung zum Stampfen'; was für einen Kat von moderater Größe nicht selbstverständlich sei.
Der Isla kommt in windreicheren Revieren also auch ohne Zusatzsegel ordentlich voran. Code Zero und Gennaker können aber den Aktionsradius bei Leichtwind und auf tiefen Kursen erweitern. Sie lassen sich in den Vorpieks beider Buge perfekt stauen und ohne großen Kraftaufwand setzen. Bei der Gestaltung des Steuerstandes, der auch als aktives Cockpit für die Bedienung von Schoten und Streckern dient, hat die Werft aufBekanntes zurückgegriffen. Auf dem leicht erhöhten Platz an Steuerbord liegt alles in Reichweite; Einhandbetrieb ist damit möglich. Allerdings erfordert die Konzentration von Leinen, Winschen und Stoppern eine Eingewöhnungsphase.
Isla 40: Defizite im Handling
So sind die Genuaschoten nicht abklemmbar, was die sonstigen Trimmmöglichkeiten etwas einschränkt. Für Traveller und Großschot sind die Abstände zwischen den Stoppern und der Winsch sehr knapp. Außerdem kann sich Tauwerk im Eifer von Manövern hinter den Motorschalthebeln verfangen. Und noch eine Eigenheit nervt: Die Paneele zum Starten der Diesel liegen an der Schottwand, vor dem Steuerrad. Sie sind dort nicht sicher zu erreichen, wenn der Autopilot Kurs hält, weil man mit den Fingern durch die Speichen greifen muss. Wer also rasch die Maschinen starten will, sollte vorher die Selbststeuerung deaktivieren.
Gelungen ist dagegen die Verbindung zwischen Steuerstand und Cockpitdach sowie zum Gästecockpit. Der Rudergänger bleibt trotz seiner leicht exponierten Position stets in Kontakt mit der Crew und hat obendrein gute Übersicht über das Boot und die Umgebung.
Kaufinteressierte sollten jedoch zwingend ein kleines Bimini samt seitlicher Persenninge für das Steuercockpit ordern, welche leider nicht Teil der Serienausstattung sind. Ansonsten findet Regen den Weg in den Aufenthaltsbereich der Gäste, bei ungünstiger Windrichtung sogar in den Salon.
Und wo wir schon dabei sind: Warum die Werft die aufpreispflichtigen Polster fürs Cockpit nach wie vor nicht passend zu den Deckeln der darunterliegenden Backskisten zuschneiden lässt, bleibt ihr Geheimnis. Am meisten Mühe macht das an der Bank achtern, vor den Davits fürs Dingi. Zwei Lehnenpolster erschweren dort das Öffnen der Luke in der Mitte - ein Erbgutfehler, der es vom Lucia bis in den ansonsten so stimmig weiterentwickelten Isla 40 geschafft hat.
Der ist im Innern dafür hübsch und sinnvoll neu möbliert und über zwei aufschiebbare Glaselemente nahtlos mit dem Cockpit verbunden. Auffällig sind die nun abgerundeten Pantry-Oberflächen aus Corian, die stilbildend wirken. Die Sitzgruppe, an der sechs Personen Platz finden, endet an Backbord jetzt in einer Art Chaiselongue, dort, wo beim Lucia noch eine karge Navigationsecke war. Das sieht nicht nur lässig aus; so sitzt und liegt es sich dort auch.
Isla 40: Gewinn beim Wohnkomfort
Der Ausbau, früher nicht Fountaine Pajots stärkste Seite, hat in den vergangenen Jahren spürbar gewonnen. So auch hier. Bis auf wenige Details und einige mit breiten Dichtmittel-Fugen kaschierte Spaltmaße entsprechen die Verarbeitung sowie die Materialanmutung gutem Großserien-Standard. Der getestete Isla 40 war unter Last und auf See zwar nicht ganz frei von leichten Quietschgeräuschen, aber besser als manch anderer Konkurrent.
Was ihn ferner positiv abhebt, ist ein ausreichend bis überwältigend großes Angebot an gut nutzbaren Stauräumen. In der von uns getesteten und am meisten verbreiteten Ausführung mit drei Kammern wird es nur im Vorschiff des Backbordrumpfs knapp, dort auch in Bezug auf die Liegefläche der Koje. Achtern aber gibt es schon genug Platz, und der Eignerrumpf an Steuerbord bietet wirklich verschwenderische Maße: fast 12 Quadratmeter Fläche insgesamt, nicht weniger als 2,5 Kubikmeter(!) an Stauvolumen in Schubladen, Schapps und Schränken nebst einer geradezu ausufernden Nasszelle mit - na klar - separater Dusche. Das bieten so nur Mehrrumpfboote.
Die Stehhöhen liegen im Wesentlichen zwischen 1,88 und 2,05 Meter, das reicht für die Schiffsgröße gut aus. Allerdings fehlt es in den beiden Niedergängen zu den Rümpfen an Breite, und am Durchgang zum Vorschiff wird es mit 41 Zentimetern im Türrahmen fast klaustrophobisch eng, zumal die Türen den Bewegungsspielraum in der Kabine weiter einschränken. Da sind andere Kats der gleichen Klasse inzwischen luftiger konstruiert.
Isla 40: Bestseller 2.0
So liegt der Isla 40 zwar nicht überall an der Spitze, aber eben auch nirgends spürbar hintendran. Er trifft vielmehr in einem sich zunehmend ausdifferenzierenden Markt erstaunlich gut jene Mitte, die ihn für viele zum idealen Fahrtenkat macht: mit sehr anständigen Segeleigenschaften, genug Platz und Komfort, unverwechselbaren Linien und zu einem adäquaten Preis.
An etablierter Konkurrenz mangelt es ihm nicht. Am ehesten direkt vergleichbar ist der in Südafrika gebaute Leopard 40. Der Lagoon 40 und der neue Bali Catspace mögen das noch bessere Raumkonzept aufweisen, ein Nautitech 40 und der Excess 11 die etwas sportivere Auslegung.
Als der eine Kat für alle aber ist der Isla fraglos eine Macht - und somit ein würdiger Nachfolger für den Lucia.
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