Yachttest der Sun Odyssey 519
Die Sun Odyssey Yachten erhalten einen neuen Typennamen. Aus der Sun Odyssey 509 (Test in YACHT 02/2012) wird die Sun Odyssey 519
Sun Odyssey 519: Elegant, auch weil groß
Die Sun Odyssey 519 komplettiert jetzt, als Ersatz für die 49i (Test in YACHT 4/08), die neue Tourenlinie der Franzosen im großen Segment. Gleichermaßen sorgt das Boot auch für einen sinnvollen Übergang zum exklusiveren Programm von Blauwasserkreuzern (Jeanneau 53 und Jeanneau 57).
Damit ist die Produktpalette wieder aktualisiert. Wie kaum eine andere Werft setzt Jeanneau auf eine fortwährende, möglichst lückenlose Programmerneuerung. Die Überarbeitungszyklen der Franzosen sind kürzer als bei den meisten anderen Mitbewerbern auf dem Markt.
Bezüglich der optischen Identität lässt auch die Neue von Jeanneau keinen Zweifel an ihrer Herkunft. Der langgezogene, flache Kajütaufbau mit der eigentümlich geformten Fensterzeile, die vielen schmalen Rumpffenster und die ausgeprägten Kimmkanten charakterisieren alle neuen Schiffe von Jeanneaus Fahrtenreihe Sun Odyssey. Im Vergleich zu den kleineren Modellen fällt das neue Flaggschiff aufgrund seiner Länge aber sportlicher erscheinen – ein Privileg der großen Dimensionen.
Sun Odyssey 519: Unter Segel
Beim Test vor der spanischen Küste hat ein Sturm vom Vortag eine unangenehm hohe Dünung zurückgelassen, die im Laufe des Tages mit der allsichtbar eleganter aus als die kleineren Schwestern. Der Freibord ist im Verhältnis zur Schiffslänge weniger hoch, ebenso der Kajütaufbau. Dies macht die 519 optisch attraktiver und lässt das Boot insgesamt auch mählich drehenden Thermik sogar noch gegen den Wind steht. Die Bedingungen sind trotz passablen Windverhältnissen um 8 Knoten Stärke also alles andere als vorteilhaft. Die Sun Odyssey 519 kämpft sich aber dennoch überraschend gut durch das außergewöhnliche Wellenbild. Angenehm ist, dass die Yacht auch die steilen Wellen sehr gut verträgt und beim Einsetzen kaum spürbar schlägt. Zudem lassen sich die hohen Seen sehr sauber und kontrolliert aussteuern. Das Boot reagiert dabei unerwartet schnell. Die Steuerung von Lewmar läuft zwar nicht ganz reibungslos, was beim Testboot an den Einstellungen der Kabelzüge auf den Quadranten liegt, funktioniert aber sehr direkt und gibt dem Rudergänger zudem ein erfreuliches Steuergefühl.
Bei diesen Bedingungen sind die Leistungswerte allerdings nur schwierig zu ermitteln. Mit der großen, überlappenden Genua kann die 509 trotzdem guten Druck aufbauen und bewegt sich zwischendurch, bei weniger Wellengang, mit mehr als 6 Knoten bei einem Winkel von rund 45 Grad zum wahren Wind. Profitieren kann das Schiff dabei vom Performance-Paket, welches die Werft dem Prototyp zu Testzwecken spendiert hat. Es beinhaltet bessere Segel, leinen- verstellbare Holepunkte, eine versenkte Rollanlage für Fock und Genua, dehnungsarme Dyform-Wanten, Fallen aus Dyneema sowie einen hydraulischen Achterstagspanner und einen Dreiblatt-Faltpropeller. Dieses zusätzliche Leistungspotenzial ist im Bündel für 21.760 Euro erhältlich.
Bezüglich der Wahl der möglichen Segel erweist sich das neue Cruiser-Konzept von Jeanneau als variantenreicher als die Vorgängermodelle und auch flexibler als die meisten Konkurrenzyachten. Standard ist die kurze Genua mit einer Überlappung von 106 Prozent und der Holepunktschiene auf dem Kajütaufbau. Sie ist ein Allround-Segel, bringt dank des nun weiter achtern stehenden Mastes auch genügend Fläche zum Einsatz und ist wegen der kurzen Schotzüge einfach im Handling. Auch kann sie immer noch recht viel Wind ab. Segler im Norden freuen sich aber trotzdem über die Möglichkeiten für eine Selbstwendefock. Auch dafür hat Jeanneau ein passendes Ausstattungspaket geschnürt.
Als weitere Vorsegeloption bietet sich die große, rollreffbare Genua an. Segler an eher windschwachen Revieren werden sich für mehr Segel-PS entscheiden. Anders als es der allgemeine Trend vorgibt, leitet Jeanneau bei der neuen Modellserie die Wantenkräfte immer noch nahe am Kajütaufbau in den Rumpf ein. Damit bleibt das Rigg vergleichsweise schlank und ermöglicht so eine größere Vorsegel-Überlappung. Zusätzlicher Vorteil der innenliegenden Verwantung: Das Laufdeck bleibt für den Durchgang auf das Vordeck unverbaut.
Eine gute Option bietet der Code Zero mit einem Einsatzbereich bis zu 12 Knoten Wind. Das rollbare Segel mit fliegendem Vorliek ist einfacher zu bedienen als der eben- falls erhältliche Gennaker und bringt zumindest auf spitzeren Raumwindkursen dieselbe Mehrleistung. Machbar ist auch eine Spinnaker-Ausstattung.
Sun Odyssey 519: An Deck
Das Cockpit der Sun Odyssey 519 übernimmt im Wesentlichen das bewährte Layout der kleineren Schwestern. Fallen und einige Trimmleinen (Baumniederholer, Traveller) laufen auf die Winschen am Niedergang. Groß- und Genuaschoten werden dagegen, ebenfalls weitergehend verdeckt, auf die Winschnen direkt vor den Steuerrädern geführt. Damit soll der Rudergänger die Möglichkeit haben, sämtliche Funktionen für den direkten Segelbetrieb, also Trimm, Kurswechsel und Manöver, eigenhändig von seinem Arbeitsbereich aus zu kontrollieren. Das neue Sun Odyssey Konzept baut darauf, dass Fahrtenschiffe wie die Sun Odyssey faktisch meist nur von einer Person gesegelt werden. Die Cockpits von sportlicheren Mannschaftsbooten sind dagegen anders ausgelegt.
Die Größe der Sun Odyssey 519 lässt es auch zu, dass dem Steuermann hinter dem Rad ungewöhnlich viel Platz zur Verfügung steht, trotz des weit zurückgezogenen Kajütaufbaus und der langen Cockpitduchten. Anders als bei den kleineren Modellen kann das Achterstag bei der großen Sun Odyssey 519 mittig am Heck angeschlagen bleiben, der Durchgang über das Heck ist dank der schönen, breiten Heckplattform auch so immer noch komfortabel genug. Bei geteilten Drähten an die Enden des Hecks ist die Bewegungsfreiheit des Steuermanns oft eingeschränkt. Das Gestänge des Biminis beim Testschiff war noch nicht vorteilhaft platziert, daran wird die Werft noch arbeiten. Schön gemacht sind dagegen die Stauräume unter dem Cockpitboden. Hier können alle Fender und Festmacher verschwinden oder die Rettungsinsel.
Einfach, unkompliziert und schnörkellos: Bei den Interieurs setzt Jeanneau für die Tourenserie mehr auf Funktionalität als auf Form und Optik. Bei den kleineren Modellen wirken die Innenräume der neuen Reihe deshalb eher sachlich und zweckmäßig, was aber nicht schlecht und auch dem Komfort oder der Wohnlichkeit unter Deck nicht abträglich ist.
Sun Odyssey 519: Unter Deck
Bei der großen Sun Odyssey 519 hingegen bringt genau diese Nüchternheit vielmehr eine edle und ausgesuchte Note mit sich. Durch das gigantische Volumen unter Deck verleihen die einfachen, geradlinigen Einbauten dem Interieur einen attraktiven und sehr modernen Charakter. Diese Raumwirkung haben die Designer von Jeanneau dazu genutzt, ausgiebig mit neuen Stilelementen zu spielen. So können zum Beispiel die Rückenpolsterungen im Salon farblich abgesetzt oder in der Höhe abgestuft gewählt werden, wie es beim Testschiff der Fall war. Je nach individuellem Geschmack kann dies gewinnbringend sein.
Das Standardschiff ist der Dreikabiner mit einer sehr geräumig angelegten Eignerkabine und einem großzügig dimensionierten Inselbett im Vorschiff. Der Wohnkomfort vorn wird durch eine große Nasszelle mit abgetrenntem Duschabteil sowie einem Arbeits- oder Schminktisch ergänzt. Als Aus- baualternative kann der ganze Bereich vor dem Hauptschott in zwei Kabinen mit einem eigenen, wenn auch recht kleinen Toilettenraum eingeteilt werden.
Für das Achterschiff dagegen sind keine Layoutvarianten vorgesehen, es bleibt bei zwei symmetrisch angelegten Kabinen. Die Praxis zeigt, dass vor allem bei Eignerbooten meist eine der beiden Kammern achtern als Backskiste umfunktioniert wird.
Die Pantry in T-Form ist eine Premiere bei Jeanneau. Die Anordnung hat man zwar auch schon auf anderen Schiffen gesehen, ist aber trotzdem ganz nett und vor allem funktionell. So können zwei Personen in der Pantry arbeiten, ohne sich gegenseitig zu behindern. Und: Die Arbeitsfläche ist riesig, wäre aber noch deutlich größer, wenn der dreiflammige Gasherd bei Nichtgebrauch auch noch abgedeckt werden könnte. Zudem ist das Angebot an Stauräumen schlicht umwerfend.
Alternativ zur T-Pantry ist weiterhin die lange Küchenzeile seitlich bis zum Hauptschott machbar. In dem Fall kann der Platz achtern entweder für ein drittes Bad mit Duschoption oder eine zusätzliche Gästekabine mit Etagenbetten genutzt werden. Bei allen Ausbauvarianten und Kombinationen ergeben sich für die Sun Odyssey 519 Layout Möglichkeiten von drei bis fünf Kabinen und zwei bis vier Nasszellen. Besondere Erwähnung verdient der sehr gelungen umgesetzte Navigationsbereich. Die Arbeitsfläche ist gewaltig und die Funktion vielfältig. Produktmanager Stromberg verweist auf das zunehmende Bedürfnis von vielen Eignern, auf Booten dieser Größenordnung auch richtig arbeiten zu können. Flachbildschirme und Hubsysteme im drahtlosen Netzwerk verbunden mit Notebook oder I-Pad sollen das möglich machen.
Die Niedergangstreppe ist auffällig flach gehalten, mit einem Winkel von etwa 50 Grad – im großen Boot gut zu realisieren. Das ist vor allem für ältere Segler sehr komfortabel und vermittelt unterwegs ein Gefühl von Sicherheit. Auch erhält der Motor so mehr Platz in seinem Schacht, eine bereits hinsichtlich möglicher Hybridantriebe getroffene Überlegung von Jeanneau. Die Tanks sind bei der Sun Odyssey 519 unter der Vorschiffskoje und unterhalb der Liegen in den Achterkabinen eingebaut. Insgesamt stehen 605 Liter Wasser (in zwei Kunststofftanks) und 240 Liter Diesel zur Verfügung.
Das Längensegment um 15 Meter ist beliebt, auch im exklusiveren Charterbereich. Deshalb wird der Markt natürlich auch von der Konkurrenz mit starken und aktuellen Produkten bedient. Wichtig deshalb auch die Kostenfrage: Mit einem Grundpreis von 270.485 Euro bleibt Jeanneau etwas über den Preisvorstellungen von Bavaria, Beneteau und Hanse, die ihre vergleichbaren Yachten für rund 250.000 Euro anbieten. Jeanneau kann dafür mit einem hohen Qualitätsstandard punkten. Sowohl baulich als auch in Bezug auf die Ausstattung bieten die Franzosen aus Les Herbiers eine gute Alternative.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten