Yachttest der Sun Odyssey 409
Sun Odyssey 409: Evolution statt Revolution
Logische Entwicklungsschritte statt kühne Kündigung von Tradiertem. Anders als viele kleinere Werften streben die Großserienhersteller mit ihrer Hauptlinie nicht in die Nischen - müssen sie nicht, dürfen sie nicht. "Bewährtes besser" bleibt das Motto der Marktführer.
Jeanneau, weltweit zweitgrößter Hersteller nach Beneteau, verfolgt diesen Weg mit Entschlossenheit. Keine andere Werft gestaltet ihre Produkte ähnlich stringent mit typischen Merkmalen. Das ist nicht konservativ, vielmehr konsequent. Doch auch Jeanneau muss seine Linien pflegen und fortlaufend anpassen. Der Markt und der Wettbewerb verlangen danach, denn im Moment läuft am besten, was sich mit dem Rubrum "neu" versehen lässt.
Sun Odyssey 409: Eigenständiger Charakter
Mit der Sun Odyssey 409 starten die Franzosen die Komplett-Überarbeitung des aktuellen Tourenprogramms aus der Mitte und ersetzen damit den Verkaufsschlager 39i. Ein sinnvolles Vorgehen, denn etwas weniger als zwölf Meter Rumpflänge und nicht ganz vier Meter Breite sind im Markt ein attraktives, oft nachgefragtes Format. Zudem läuft die Mittelklasse auch in der Charter gut. Philippe Briand wurde mit der Ausarbeitung der Konstruktion beauftragt. Für Jeanneau hat er bisher vor allem im größeren Längensegment gezeichnet.
Die äußerlichen Anpassungen gegenüber dem Vorgängermodell und der bisherigen Linie sind recht ausgeprägt. Die Schiffsenden fallen entsprechend der allgemeinen Tendenz jetzt noch steiler ab. Der Aufbau geriet etwas wuchtiger und mit den neu gestalteten Fensterflächen auffälliger. Und es gibt mehr und schmalere Rumpffenster. Dazu kommen funktionelle Modifikationen.
Der Rumpf der neuen Sun Odyssey erhält Kimmkanten, sogenannte Chines. Sie verleihen dem Schiff einen kantigen und sportlichen Auftritt. Zudem sollen sie für mehr Stabilität beim Segeln sorgen. Bei Booten dieser Ausrichtung dürfte dies allerdings kaum spürbar sein. Vielmehr folgt die Werft damit dem aktuellen Designtrend.
Wichtigere Neuerungen betreffen das Rigg.
Jeanneau hat für seine Produkte im Tourenbereich bisher nur große, weit überlappende Vorsegel angeboten. Die Sun Odyssey 409 wird in der Grundausstattung jetzt mit einer kurzen Genua von 105 Prozent Überlappung ausgestattet - mittlerweile ein üblicher Standard auch bei den Tourenyachten der Konkurrenz. Der Vorteil: Die Schotwege sind kürzer, die auftretenden Kräfte auf der Winsch geringer und die Manöver damit einfacher zu segeln. Dafür ist der Mast um einen Meter höher als beim Vorgängermodell und das Großsegel wesentlich größer. Die Sun Odyssey 409 trägt mehr Tuch als die 39i, und auch die Segeltragezahl mit einem Wert von 4,5 zeugt von einer sportlicheren Attitüde.
Davon legt die Sun Odyssey im Test vor La Rochelle dann sogleich Zeugnis ab. Bei einem leichten Wind von nur 10 Knoten verblüfft die Französin mit überraschenden Leistungswerten. Hart am Wind liegen immerhin 6,4 Knoten Fahrt drin, dies auf einem Kurs von 42 Grad zum wahren Wind. Die Sun Odyssey 409 ist leicht an der Kreuz zu segeln, verhält sich sehr temperamentvoll auf dem Ruder und beschleunigt nach dem Manöver fabelhaft.
Sun Odyssey 409: Drei Vorsegelvarianten
Im Vergleich zur Vorgängerin ist der Kiel etwas nach vorn gerutscht, gleichzeitig steht der Mast etwas weiter achtern. Damit segelt das Boot vor allem unter dem optionalen großen Vorsegel mit nur wenig spürbarem Druck auf dem Ruder. Bei Leichtwind ist das kein Problem, und mit der kleineren Standardgenua wird sich ohnehin ein besseres Steuergefühl einstellen.
In Sachen Rigg zeigt sich Jeanneau bei der Neuen wandlungsfähiger als viele andere Hersteller. Optional zur kurzen Genua und dem üppigen Vorsegel ist auch eine Selbstwendefock bestellbar. Der Prototyp war für werftinterne Testzwecke mit allen drei Varianten ausgestattet worden. Die Varianz bei den Vorsegeln verlangt aber auch, dass die Wanten nicht nach außen an den Schiffsrumpf laufen, sondern weiter innen, nahe am Kajütaufbau, in die Struktur eingeleitet werden.
Diese Anordnung ist konstruktiv aufwändiger, weil die Kräfte hier höher sind als bei breiter abgespannten Riggs. Dafür bleibt das Laufdeck seitlich unverbaut, was die Passage auf das Vordeck nicht behindert. Das große Vorsegel mit entsprechenden Schotschienen und leinenverstellbaren Holepunkten ist übrigens zusammen mit besseren Segeln, Dyform-Wanten, laufendem Gut aus Dyneema und einem Faltpropeller als Teil des Performance-Pakets erhältlich.
Der Aufpreis beträgt 13.760 Euro. Die beiden Schotwinschen sind auf dem Süll weit achterlich montiert und können damit direkt vom Rudergänger bedient werden. Groß- und Vorsegelschot laufen in einem Kanal auf dem Süll und werden auf den Winschen wechselseitig gefahren.
Dafür können sie auch einzeln abgestoppt werden. In der Praxis verlangt das nach etwas Routine, klappt aber prima. Beim Testboot waren die neuen "Rewind"-Winschen (siehe YACHT 22/10) von Harken im Einsatz, mit denen man nicht nur elektrisch dichtholen, sondern auch per Knopfdruck fieren kann. Sie funktionierten tadellos, kosten aber 10.000 Euro extra.
Sun Odyssey 409: Viel Arbeit am Detail
Erstmals baut Jeanneau bei seinem jüngsten Modell eine abklappbare Badeplattform an. Das Formteil aus GFK wird mit einem einfachen Schotzug gefiert oder hochgeholt und ist mit einer eingebauten Badeleiter versehen. Allerdings ist die Plattform auch ein regelrechtes Sprungbrett, das Niveau liegt 49 Zentimeter über der Wasseroberfläche.
Davor ist die Rettungsinsel gut abgedeckt in einem eigens dafür geschaffenen Staufach untergebracht. Im Notfall werden die Abdeckung und die Seitenteile ganz einfach abgenommen und über Bord geworfen.
Dann liegt die Insel frei und kann ins Wasser gestoßen werden. Wer jedoch an den Quadranten will, muss die schwere Insel komplett raushebeln, um an die Serviceklappe zu kommen. In einer Notsituation auf See wäre das ungünstig. Die Sun Odyssey 409 ist zwar nur um rund 30 Zentimeter gegenüber dem Vorgängermode 39i gewachsen, aber die Vorschiffskabine wurde um mehr als 60 Zentimeter verlängert. Das Plus an Raumvolumen ermöglicht, als Option eine zweite Nasszelle
für den Eigenerbereich anzubieten.
Damit reagiert die Werft auf entsprechende Nachfragen von Kunden und Charterunternehmen. Eine zweite Nasszelle gilt für Tourenboote mit 40 Fuß Länge heute als Maß der Dinge. Trotz Bad im Vorschiff bleibt es in der Eignerkammer im Bug angenehm geräumig.
Die Doppelkoje ist hier größer als bei den Schiffen im Wettbewerb, die Lüftungsmöglichkeiten sind vorbildlich, und die zusätzlichen Rumpffenster transportieren viel Licht nach innen. Wer auf die vordere Nasszelle verzichten kann, erhält auf Wunsch ein kleines Büro mit Schreibtisch und Hocker eingebaut.
Komfort, Gemütlichkeit und Funktion sind die tragenden Themen beim zentralen Innenausbau. Die Einbauten in Salon und Pantry sind schlicht, die Linien ungebrochen und schnörkellos. Jeanneau veredelt seine Möbel weiterhin mit den fein gemaserten Fine-Teak-Furnieren von Alpi, jetzt allerdings in einem helleren Farbton. Besonders smart gelöst ist die Mechanik für den absenkbaren Salontisch. Ein Handgriff genügt, und das U-Sofa verwandelt sich in ein zusätzliches Doppelbett. Das hübsche Feature ist aber nur als Teil von zwei möglichen Ausbaustufen (Premiere und Preference) zu bekommen.
Die Ausstattungsbündel sind pragmatisch zusammengestellt und dürften
die meisten Kundenansprüche abdecken. Variantenreich zeigt sich auch der achtere Schiffsbereich. Standard sind zwei symmetrische Kammern. Die Alternative dazu ist eine größere Kabine auf der Steuerbordseite und eine geräumige Backskiste gegenüber. In diesem Fall wandert die hintere Nasszelle noch ein Stück weit zurück und wird noch geräumiger.
Sun Odyssey 409: Wettbewersfähiger Preis
In Sachen Bauqualität hält sich Jeanneau weiterhin an die selbst auferlegten und vergleichsweise hohen Standards. Die Güte der handwerklichen Arbeit ist ordentlich, zeugt aber hier und da von den Effekten der Großserienproduktion.Die Sun Odyssey 409 kostet 153.200 Euro in der Basisversion. Auf etwa demselben Niveau bewegt sich die Dufour 405 mit einem Grundpreis von 156.950 Euro. Die Oceanis 40 kostet 141.490 Euro und die Hanse 400 135.065 Euro. Den Preisschlager in der Klasse liefert Bavaria mit der Cruiser 40 für 129.590 Euro. Attraktiver Look, sportlicher Einschlag, prima Details und eine hohe Flexibilität für eine breite Marktabdeckung - die Sun Odyssey 409 steht auf einem soliden Fundament für einen erfolgreichen Auftritt. Und die Nominierung als Europas Yacht des Jahres 2011 hilft sicher ebenfalls im hart umkämpften Wettbewerb in dieser Klasse.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten