Yachttest der Bavaria cruiser 37
Bavaria cruiser 37: Doch nicht so gewöhnlich
AWB, Average white boat, das durchschnittliche weiße Boot, nennt der segelkundige Angelsachse leicht despektierlich das, was am Ende des Tages aus dem Tor einer Großserienwerft rollt. Und meint preisgünstige, seelenlose Massenware. Wobei: Kann etwas Massenware sein, das meist deutlich weniger als 1000 Mal gebaut wird? Das, obwohl im Vergleich zur Bootsgröße günstig, dennoch deutlich mehr kostet als ein top ausgestatteter Porsche 911 Cabrio? Ansichtssache.
Fest steht: Die Größe 37 Fuß oder auch etwa elf Meter markiert im modernen Serienbau die reinen Volumenmodelle und somit ein sehr wichtiges Segment im Portfolio einer jeden Werft, die auf Durchsatz getrimmt ist. Typen, die viel verkauft werden, weil sie sich sowohl an den großen Chartermarkt als auch an die Eigner richten. 37 Fuß gelten denn auch generell als ideal: Die Boote sind noch nicht zu groß für kleinere nordeuropäische Häfen, nicht zu engräumig für eine ausgewachsene Chartercrew und ihres Seeverhaltens, der Wasserlinienlänge, der Stabilität und des Komforts wegen tauglich für lange Törns oder gar weltweite Fahrt.
Bavaria cruiser 37: Im Wettbewerb
Hanseyachts, Dufour und Jeanneau haben frische Modelle am Start, Beneteau wird zum Herbst ein neues bringen - und Bavaria hat gerade ihre neue Bavaria Cruiser 37 vorgestellt. Die löst die 36er ab, die über knapp drei Jahre 358-mal gebaut wurde und mit diesem Wert als Erfolgsmodell gelten darf.
Die eigentliche Konstruktion aus dem Jahr 2010 ist durchaus noch aktuell, weswegen Bavaria Yachtbau weiterhin auf den Rumpf und die Architektur aus dem Hause Fan Yacht Design setzt. Mittlerweile arbeitet die Werft für die Gestaltung und Feinheiten - so auch bei den bisherigen Umbauten der Cruiser-Linie - nicht mehr mit BMW Designworks USA zusammen.
Wie schon für das derzeitige Einsteigermodell Cruiser 33 (Heft 23/12) und das Flaggschiff Cruiser 56 (Test in YACHT 9/13) kooperieren die Franken nun mit dem südenglischen Büro Design Unlimited von Mark Tucker, der sich besonders in der Megayachtszene einen Namen gemacht hat und auch schon für Konkurrent Hanseyachts wirken konnte.
Bavaria cruiser 37: Deckslayout
Signifikante Neuerungen betreffen das Deck: Der Aufbau hat statt der kleinen rechteckigen Schießscharten nun größere durchgehende, langgezogene Fensterscheiben erhalten, dazu statt vier ganze fünf Deckenluks. Ebenso prägnant: Es gibt jetzt eine Doppelsteueranlage. Deren Installation machte ein neues Cockpit mit nach vorn versetztem Niedergangsschott wünschenswert, weil die Plicht kleiner geworden wäre. Dies wiederum bedingte ein nach vorn versetztes Hauptschott, weil wiederum der Salon gelitten hätte.
Die Maßnahme wirkt sich aber in der Vorschiffskabine nur wenig aus, da es hier genug Reserven gab. Denn ursprünglich sollte hier die Option für eine weitere Nasszelle umgesetzt werden können, es stand also genug Fußraum bereit. Marginalien? Nein. Man wird beim Betrachten der Neuen zwar am Steg nicht zappelnd vor Freunde rückwärts ins Wasser fallen, aber das Boot sieht schlichtweg solide-ordentlich, wenn nicht gar richtig gut aus.
Das offenbart sich beim YACHT-Test besonders im Vergleich zu einer ebenfalls am Steg des Laboer Händlers AP Yachting liegenden 36er. Die wirkt behäbiger, dicker, älter. Dazu tragen auch die deutlich längeren Sülls des älteren Bootes bei. Weitere Auffälligkeiten sind eine kombinierte Fuß- und Scheuerleiste aus Aluminium, ein gelungener Tritt auf dem Ankergalgen und ein dunkelgelber Decksbelag in Teakanmutung (Duradeck). Geblieben ist die Werft bei der stattlichen Heckklappe, die den Zugang im Hafen erleichtern kann und zusätzliche Decksfläche bietet. Sie wird per Hand, unterstützt von kräftigen Gasdruckfedern, einfach gehoben und gesenkt. Im geschlossenen Zustand ergibt der obere Abschluss eine schmale Rudergängerbank für Segler, die direkt hinter einem der Räder sitzen wollen.
Bavaria cruiser 37: Überraschendes Segelverhalten
Vor dem Steuerstand langt der Platz für jeweils drei Personen in Luv, sprich sechs am Tisch. Letzterer ist ein Extra und auf dem Testschiff noch mit zu großen klappbaren Tischflächen versehen. Das Cockpitmöbel nimmt Kompass und Plotter auf und ist auch auf See eine willkommene Stütze. Die sich jedoch nicht beweisen konnte. Denn: Der Wind ist flau, das Wasser glatt, die Aussichten sind gleichbleibend, die Kieler Förde liegt im Dunst. Aber gut, es könnte auch regnen oder schneien. Unterwegs. Die vorherrschenden 3 Beaufort verarbeitet das Schiff an der Kreuz zu immerhin 4,8 bis 5,4 Knoten Speed, und dies bei einem Wendewinkel von rund 90 Grad. Das ist gut!
Noch schöner dabei, wie einfach die Geschwindigkeit abrufbar ist und vor allem wie sich das Boot steuern und dirigieren lässt. Die Anlage von Jefa ist eine Seilzugsteuerung, die schlupffrei, leichtgängig und sauber arbeitet. Nebenbei ist die gewählte Anlage des renommierten dänischen Herstellers kompakt, baut nach unten wenig auf und ist einfach zu installieren und warten. Mit leichter Luvgierigkeit, so wie sich das Rudergänger für mehr Feedback wünschen, und schon etwas Lage im Schiff marschiert das Boot los. Leere Tanks und Schapps, kein Bugstrahlruder, neue und höherwertige, gut stehende Rollsegel von Elvström mögen ihren Beitrag dazu leisten - aber das ist ein durchaus üblicher Sachverhalt bei einem Bootstest. Nein, sie kann mehr als Gewohntes liefern:
Sie fährt, sie luvt, sie lebt - die Bavaria cruiser 37 macht Spaß!
Unter Gennaker lassen sich heute bis zu 6,4 Knoten erzielen, auch das ein ordentlicher Wert. Der Rudergänger sitzt auf einem flachen Extrasüll und steht auch bequem, trotz des geteilten Achterstags. Dessen beide Anschlagpunkte sind weiter nach vorn versetzt und somit mehr oder weniger aus dem Weg, eine prima Lösung. Das wichtige Trimminstrument am Zweisalings-Selden-Mast ist per Talje und Hahnepotblock insgesamt 1:6 untersetzt. Das hilft und funktioniert. Schöner, weil besser zu bedienen wäre aber eine feinere Untersetzung. Die nur wenig überlappende 110-prozentige Rollfock wird auf dem Kajütdach mit kurzen Schienen und Pin-stop-Wagen geschotet. Diese Geometrie ermöglicht enge Schotwinkel, kurze Wege in der Wende und erlaubt die mittlerweile weit verbreiteten außen angeschlagenen Wanten für ein leichteres Rigg. Das Vorschotsystem ist simpel gehalten, strotzt die Großschot vor Möglichkeiten. Standard sind zwei 1:2-Taljen, die back- und steuerbords des Niedergangs angeschlagen sind und mit den beiden 30er-Fallenwinschen von Lewrnar bedient werden. So lässt sich der Baum auch ohne Traveller nach Luv ziehen, ohne dass zu viel Zug nach unten entsteht, die richtige Wahl bei wenig Wind. Ohne weiteren Aufwand kann der Eigner die Schot so scheren, dass sie als eine 1:4-Talje durch die vorhandenen Blöcke und nur auf eine Winsch läuft, eine verbreitete Konfiguration, die einfacher ist, aber nicht den Traveller ersetzt.
Ebenfalls ohne größere Umbauten ist ein German cupper system mit durchgehender Schot auf beide Aufbauwinschen möglich. Keine dieser Auslegungen erlaubt aber dem Rudergänger den direkten Zugriff. Mit zwei zusätzlichen Blöcken und zwei Führungsösen (für die werftseitig bereits ver stärkende Aluplatten im Laminat platziert wurden) lässt sich die Schot auch auf einer oder beiden Seiten nach achtern auf die optionalen Gennakerwinschen kurz vor dem Rudergänger leiten - das wäre dann das ideale, weil flexible und sogar für den sportiven Gennakereinsatz perfekt abgestimmte System. Unter Segeln alles prima!
Bavaria cruiser 37: Unter Maschine
Mit Motor zeigten sich keine Auffälligkeiten. Der Schalldruck hält sich im komfortablen Rahmen, die Manövrierbarkeit auch rückwärts ist gut. Klar, ein leichter Radeffekt des Saildrive ist spürbar. Unter Vollgas lassen sich knapp 8 Knoten erzielen, per Marschfahrt noch 6,5. Alles gut.
Bavaria cruiser 37: Innenraum mit Pfiff!
Der positive Eindruck setzt sich unter Deck fort. Schon beim ersten Auftreten auf die Bodenbretter - nichts, kein Knarzen, kein Quietschen, kein Arbeiten. Die Bodenbretter liegen auf einem Konstruktionsfußboden, der wiederum mit der überaus durablen Bodengruppe mit engmaschig stehenden Stringern und Wrangen verbunden ist. Das anlaminierte Kunststoffskelett langt quasi vom Ankerkasten bis zum Heck und ist sehr breit ausgeführt.
Die Bilgenfächer sind durch Bohrungen miteinander verbunden, damit sich eingedrungenes Wasser an den tiefsten Stellen sammeln kann. Klasse: Die Verbindungen sind mit eingeklebten Röhrchen ausgeführt, Wasser läuft also nicht in die Wrangen und Stringer. Und: Die mit Topcoat ausgestrichenen Fächer unter den Bodengruppen sind durch insgesamt neun, teils große lose Deckel bestens erreichbar. So lässt sich die Bilge perfekt inspizieren, einfach sauberhalten und auch noch gut als Stauraum nutzen.
Wichtiger ist der reine Wohnraum - und der gefällt mit seiner zeitlosen, unaufgeregten und durchdachten Gestaltung. Was man nicht mögen muss, ist der zerklüftete Himmel aus strukturellen Elementen, Innenschale, glänzenden und matten Oberflächen.
Indessen zeigt sich auch hier, was das Studium der Pläne vertieft: Die Struktur des Decks ist steif, fest, durabel. Generell überzeugen die sauberen und nachvollziehbaren Installationen für das Wasser- und das Elektrosystem. Als nachteilig könnte sich jedoch die Platzierung der Starterbatterie direkt in der Bilge am Niedergang erweisen, einem Punkt, wo gern mal viel Wasser stehen kann. Der als pingelig geltende Zertifizierer Germanische Lloyd hat's jedoch abgenickt.
Weitere Auffälligkeiten unter Deck: Es gibt Oberschränke und Rumpffenster, eine löbliche Kombination. Die Belüftung von oben ist durch die insgesamt sechs Luken generell sehr gut, die Querbelüftung durch nur ein Klappfenster in der Pantry jedoch etwas knapp. Der Navitisch lässt sich in der Drei-Kabinen-Version wegschieben, das Sofa darunter zur Koje verlängern (siehe Fotos rechts). Die Wassertankkapazität ist für volle Crewbelegung eher knapp, lässt sich aber durch einen zweiten optionalen Tank (770 Euro) im Vorschiff sinnvoll erweitern. Das Schiff ist mit einer oder zwei Achterkammern (Aufpreis 2.500 Euro) zu haben. In der Dreikabinenversion wird das Bad etwas kleiner, die Dusche lässt sich dann nicht separat mit dem WC abteilen. Und der Backskistenraum schwindet auf ein Minimum, wobei sich Sperrgut wie ein Gennaker immer noch unter der Vorschiffskoje unterbringen lässt. Die Dreikabinenversion bietet neben mehr Bad und Stauraum auch die größere Koje, da die Längstrennwand dann nach Backbord versetzt wird.
Die Bavaria cruiser 37: Punktet fast überall!
Seglerisch in Sachen Leistung und Handling kann die Bavaria cruiser 37 durchaus überzeugend, qualitativ auf der Höhe, im Komfort gelungen, insgesamt ohne echte Schwächen und preislich dennoch weiterhin niedrig:
Die Neue begeistert in der Summe ihrer Eigenschaften und übertrumpft durchaus ihre Vorgängerin, die ebenfalls erfolgreich war. An dem Boot dürften Werft und - viel wichtiger noch: - Kunden lange ihre Freude haben.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten