Yachttest der Sun Odyssey 389
Die Sun Odyssey Yachten erhalten einen neuen Typennamen. Aus der Sun Odyssey 379 (Test in YACHT 21/2011) wird die Sun Odyssey 389
Sun Odyssey 389: In Reih und Glied
Schritt für Schritt komplettiert Jeanneau den Neuauftritt seiner Fahrtenreihe Sun Odyssey. Die 389 übernimmt das stimmige Konzept ihrer Schwestern und glänzt mit viel Varianz bis hin zum Schwenkkiel.
Sun Odyssey 389: Knappe Basisausstattung
Das Prinzip erscheint ungeheuer simpel. Man nehme ein gut funktionierendes und bewährtes Bootskonzept, schrumpft oder dehnt es nach Belieben in Länge, Breite und Höhe, und fertig ist eine ganze Linie. Wer sich durch die Broschüren von Jeanneaus Fahrtenreihe Sun Odyssey blättert, könnte Ähnliches unterstellen.
Die Boote gleichen sich wie ein Ei dem anderen, auffällige Differenzen zeigen sich dem Unbedarften nur beim Studium der technischen Daten und der Preise. So einfach ist es jedoch nicht. Die vermeintliche Homogenität der Linien ist fast ausschließlich optischer Natur.
Corporate Design nennen die Marketingstrategen so etwas auf Neudeutsch. Nur wer intensiver versucht, die Details der verschiedenen Typen zu ergründen, erkennt, dass deutlich mehr darin steckt als angenommen.
Gerade in den mittleren und vor allem kleineren Schiffssegmenten ist der Kampf um jeden Zentimeter entscheidend. Jeanneau als einer der Marktführer im Serienbootsbau kennt sich mit den Möglichkeiten aus wie kaum eine andere Werft. Die Franzosen pflegen ihre Linie intensiver als die Konkurrenz, nachhaltiger. Und die Überarbeitungszyklen sind bei Jeanneau kürzer.
Dabei geht man mit Übersicht und System zu Werke. Mit der Sun Odyssey 409 (Test in YACHT23/10) stellte die Werft vor gut einem Jahr die Überarbeitung ihrer Tourenserie vor. Die Wahl als Europas Yacht des Jahres verschaffte der Neuen eine willkommene Starthilfe. Im Wechselturnus folgt nun der stufenweise Ausbau der Linie nach oben und nach unten. Auf die 439 (YACHT 6/11) folgt jetzt die kleinere Sun Odyssey 389, zusammen mit der wiederum größeren 509 als neuem Flaggschiff der Reihe. Logischerweise wäre nun als nächstes Modell wieder ein Schiff im kleineren Segment fällig. Die aktuellen Modelle zeigen sich optisch charakterstark, eigenwilliger und dabei mutiger im Design als viele Boote des Wettbewerbs.
So hat sich die Werft denn auch für die derzeit angesagten Chines (Kimmkanten) entschieden. Sie sollen die Yacht beim Segeln steifer machen und zudem etwas mehr Volumen im Achterschiff erzeugen - wobei wir hier lediglich von wenigen Zentimetern sprechen. Zudem will Jeanneau ihre Produkte variabler gestalten, um ein größeres Spektrum an Kundenbedürfnissen abdecken zu können.
So sind Genuas in verschiedenen Größen machbar, und es wird auch die Option auf eine Selbstwendefock geboten, was besonders Kunden im Norden entgegenkommen dürfte. Diese Entwicklung betrifft aber nicht nur die Franzosen, auch andere Werften suchen nach immer mehr Individualität für ein breiteres Einsatzspektrum.
Sun Odyssey 389: Jetzt auch mit Schwenkkiel
Mit der Sun Odyssey 389 treibt Jeanneau dieses Bestreben noch einen Schritt weiter und bietet für die Yacht nun auch eine Option mit Kielschwert und einem flexiblen Tiefgang von minimal 1,10 Metern. In diesem Fall wird das Boot mit zwei Ruderblättern ausgestattet und kann so problemlos trockenfallen. Für Watt- und Binnensegler eine attraktive Alternative, zumal auch diese Variante in die CE-Entwurfskategorie A (Hochsee) eingestuft wird.
Dies sei eine echte Herausforderung für die Werft gewesen, erklärt Herve Piveteau, seines Zeichens für die Entwicklung des Segelbootprogramms bei Jeanneau zuständig.
Die Sun Odyssey 389 ist damit eines der wenigen Boote im Segment um elf Meter Länge, welches ein Kielschwertsystem oder flexible Tiefgänge als Option zum Festkiel anbieten kann.
Zum Test in Norwegen steht uns die Standardversion mit L-Kiel zur Verfügung. Marc Lombard zeichnet für die Konstruktion verantwortlich, er ist Jeanneaus Design -Partner für alle Schiffe im kleineren Segment, während die größeren Typen dem Rechner von Philippe Briandent stammen. Trotzvermeintlich identischer Optik sind Lombards Entwürfe im Heck noch etwas breiter. Auch wurden die Unterwasseranhänge anders geformt und positioniert.
Sun Odyssey 389: Segel verhindert guten Speed
Leider kann das Testboot bei leichtem Wind die Erwartungen nicht erfüllen, die die Probefahrten der größeren Schwestern geweckt haben. Bei gerade einmal 6 Knoten Wind braucht das Schiff nach dem Manöver vergleichsweise lange, um wieder auf volle Geschwindigkeit zu kommen.
Und 4,1 Knoten bei einem Winkel von mehr als 45 Grad zum Wind sind deutlich schwächere Resultate, als sie dem theoretisch errechneten Leistungsvermögen gemäß Polardiagramm entsprechen. Der Grund für das schlechte Abschneiden liegt zur Hauptsache in einer ganz und gar unpassenden Genua begründet. Das Kevlar-Segel mit 135 Prozent Überlappung (Option) sieht zwar schick aus, ist aber aus einem ungewöhnlich dicken Tuch gebaut und fällt im Profil zu flach aus. Zudem stimmen die Lieklängen nicht. Der norwegische Eigner des Testschiffs ließ es sich als rollreffbares Allroundsegel schneidern - sicherlich die falsche Wahl für Leichtwindbedingungen wie beim Test.
Kein Wunder, dass das Schiff sein volles Leistungspotenzial nicht abzurufen vermag. Überzeugen kann die 389 dagegen mit ihrer Drehfreudigkeit und einer markanten Lebendigkeit am Wind. Das Boot am Wind zu steuern macht Spaß, und bei etwas Druck und Krängung bringt auch das Ruder sofort die gewünschte Rückmeldung auf die doppelten Räder.
Gemäß dem aktuellen Deckslayout der Linie sind auch bei der kleineren 389 die beiden Schotwinschen ganz weit achtern auf dem Süll montiert. Die Schoten für Groß und Genua werden beidseits bis nach hinten geführt und können dort vom Rudergänger bedient werden. Das entspricht dem Zeitgeist, was die Gestaltung der Cockpits von Tourenyachten betrifft - die Konkurrenz macht es vielfach genauso. Auf der Sun Odyssey 389 sind die Abstände zwischen Umlenkblöcken, Abstoppern und den Winschen jedoch recht klein gewählt.
Damit bleibt im Bereich der Winschentrommeln immer sehr viel Leine liegen, und das Handling beim Wechsel der Schoten im Manöver wird so mühsam und zudem unübersichtlich. Auch wird die Großschot bei der Umlenkung vom Kajütdach auf das Niveau des Sülls zweimal in recht spitzen Winkeln durch Führungsaugen aus Edelstahl gezerrt.
Das sorgt für reichlich Reibung und erfordert viel Kraft beim Dichtholen. Weiterhin muss bei wenig Wind die Schot zum Fieren von Hand nachgeführt werden. Abgesehen von diesen Nachteilen, ist das Schiff durch die schnelle Erreichbarkeit beider Schoten einhandtauglich.
Die Trimmeinrichtungen sind gut positioniert, an der Wahl der Beschläge gibt es nichts zu bemängeln. Jeanneau baut bei den neuen Modellen auf innenliegende Wanten und widersetzt sich an dieser Stelle dem Trend - bei vielen Yachten im Wettbewerb werden die Püttinge heute direkt außen an den Rumpf gebolzt.
Der Vorteil für die Sun Odyssee 389: Es kann weiterhin eine Genua mit ausgeprägter Überlappung gefahren werden. Und: Der Durchgang auf das Vorschiff erfolgt ungehindert. Das schlanke Rigg verlangt jedoch nach mehr Spannung auf den Wanten und damit nach einer stärkeren Struktur.
Die Werft verklebt dazu eine durchgehende Innenschale in den Rumpf und verbindet so die Wantenaufnahmen im Kraftschluss mit der Bodengruppe. Unter Deck unterscheidet sich das Layout nur wenig von der Aufteilung, wie sie schon in der genau einen Meter längeren Sun Odyssey 409 zu finden ist. Einschränkungen gibt es insbesondere in der Vorschiffskabine: Die Kammer ist hier längst nicht so voluminös ausgelegt wie bei der größeren Schwester, und auch im Vergleich mit der Konkurrenz (zum Beispiel Hanse 385, Bavaria Cruiser 36) bietet die Neue von Jeanneau vorn weniger Komfort und weniger Bewegungsfreiheit.
Dafür präsentiert sich der Salonbereich großzügiger und sehr geräumig. An der Tafel können bequem bis zu sechs Personen sitzen. Allerdings liegen die Flanken des zugeklappten Tischs beidseits direkt an den dicken Polsterungen der U-Sitzbank an. Wer Platz nehmen will, muss die Flügel vorab aufklappen oder klettern.
Sun Odyssey 389: Pantry und Dusche überzeugen
Eine sehr gute Funktionalität und ebenfalls viel Platz bietet das Pantry-L. Vor allem die Stauraumsituation ist in diesem Bereich vorbildlich. Gleich in zwei übereinander liegenden Reihen stehen hier Fächer zur Verfügung, die selbst für Töpfe und Pfannen groß genug sind.
Das Highlight unter Deck ist jedoch die Nasszelle. Sie ist nicht nur schön ausgebaut, sondern wurde auch ungewöhnlich großzügig angelegt und verfügt sogar über einen Duschbereich mit Abtrennung. In den beiden Achterkabinen gibt es Platz genug, und die Kojen sind auch für zwei Erwachsene ausreichend dimensioniert. Das breite Heck mit den Chines zeigt positive Auswirkungen.
Das Testschiff als Dreikabiner ist eine Option gegen Aufpreis; Standard ist die Version mit zwei Kabinen. In diesem Fall wird auf der Backbordseite eine große Backskiste eingebaut, und die Nasszelle rutscht nach achtern, womit das Längssofa im Salon länger werden kann und als zusätzliche Koje zu nutzen ist. Zudem wächst beim Zweikabiner die Achterkammer um 36 Zentimeter in die Breite. Damit erhält die Koje ein fast fürstliches Format.
126.130 Euro müssen für die Sun Odyssey 389 in einer guten und recht umfassenden Grundausstattung überwiesen werden. Damit hat Jeanneau im direkten Preisvergleich mit der Konkurrenz etwas an Boden verloren: Bisher waren die Schiffe aus Les Herbiers stets als zweitgünstigstes Angebot nach den Produkten aus dem Hause Bavaria bekannt. Der Wettbewerb in Form der Hanse 385 (114.000 Euro), Beneteau Oceanis 37 (117.096 Euro) oder Delphia 373 (110.217 Euro) ist aktuell aber für weniger Geld erhältlich. Und die vergleichbare Bavaria Cruiser 36 kommt mit einem Basispreis ab Werft von 97.461 Euro doch sehr viel günstiger als die Französin.
Fazit: Seglerisch wird die Sun Odyssey 389 im Test unter Wert geschlagen. Es ist davon auszugehen, dass das Boot mit ordentlichen Standard-Segeln eine deutlich bessere Performance an den Tag legen wird. Abgesehen davon präsentiert sich die Yacht als ausgewogenes und stimmiges Gesamtpaket mit vielen Wahlmöglichkeiten bis hin zum Schwenkkiel. Insofern ist die Elf-Meter-Klasse ein gutes Stück vielseitiger geworden.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten