Yachttest der Hanse 348
Hanse 348: Neues in der 10-Meter Klasse
Mit der neuen HANSE 348 bringt die umsatzstärkste deutsche Serienwerft ein Volumenmodell der beliebten Zehn-Meter-Klasse, das in Bedienung, Leistung, Komfort und Kosten den idealen Kompromiss darzustellen sucht Die Klasse der zehn Meter langen Yachten ist und bleibt hochattraktiv, auch wenn viele Serienwerften Heil und Gewinn in größeren Einheiten bis über 60 Fuß suchen und finden. 34 Fuß bedeuten, wenn gut ausgeführt: ein hochseetaugliches, ordentlich segelndes Boot, das auch Wind und Welle verträgt und dabei von kleiner Crew oder einhand noch einfach zu bedienen ist.
Hanse 348: Unter Deck
Der typische zehn Meter lange Kreuzer bietet dazu eine abgeteilte Vorschiffs- und Achterkabine; optional sind zwei Kammern im Heck möglich. Dazu gibt es einen Salon für mindestens vier Personen, eine Navigationsecke, eine Nasszelle mit Dusche sowie eine veritable Pantry.
Das Ganze mit Stehhöhe, ausreichend großen Kojen, vernünftig motorisiert und mit Tank- und Batteriekapazitäten ausgestattet, die eine gewisse Autarkie auf See und vor Anker bedeuten. Obendrein sollte ein Boot dieses Kalibers von einem größeren Kundenkreis erworben werden können. Bei rund 95 000 Euro startet der Einstieg in die Klasse, und auch die laufenden Kosten für Versicherung, Liegeplatz, Winterlager und Wartung halten sich im Rahmen.
Der Kunde hat eine schöne Auswahl: Bavaria, Beneteau, Dufour und Jeanneau, aber auch Hallberg-Rassy bieten zehn Meter lange Yachten an. Und auch Hanseyachts, die nun das jüngste Boot dieses Segments vorgestellt haben.
Hanse 348: Unter Segel
Es fußt auf der Hanse 345, einer bewährten Konstruktion von Judel/Vrolijk. Eine Zielvorgabe war, die Performance des Typs im unteren Windbereich zu verbessern, wo Boote mit Selbstwendefock naturgemäß schwächeln. So wurde die Segelfläche um vier Quadratmeter vergrößert. Weitere segeltechnische Maßnahmen sind statt eines T- ein um acht Zentimeter tiefer gehender L-Kiel, der in dieser Abmessung effektiver sein soll und nebenbei weniger Treibgut oder Seegras fängt.
Hanseyachts setzt weiterhin auf die Selbstwendefock. Bot man früher noch Genuaschienen an und waren die Aluminiumeinlagen im Deck auch ohne das Extra für eine Nachrüstung generell einlaminiert, verzichtet die Werft mittlerweile auf diese Maßnahme. Die „Mitnahmerate der Genuaoption ging gegen null“, so Pascal Kuhn, Produktmanager Segelyachten. Sein Kollege Karl Dehler, Projektchef Segelyachten: „Statt der 105-prozentigen Genua bieten wir eine Art Code Zero auf der Rolle an. Der bringt 49 Quadratmeter Fläche mit und ist für wenig Wind ein echter Turbo, wenn man sowieso nicht richtig hoch rangehen kann.“ In der Tat: Das bei Hanse „Crossover“ genannte Spezialsegel ist etwa doppelt so groß wie die Selbstwendefock. Natürlich ist der Code Zero ein Extra; mit Rollanlage, Fall, Schoten und Blöcken kostet das Elvstrøm-Produkt rund 5000 Euro. Ein konventioneller Gennaker als Leichtwindturbo kommt mit Peripherie für etwa 800 Euro weniger an Bord.
Speed bei Leichtwind, eine schöne Sache, aber für die meisten Kunden auf der Suche nach einem reinen Fahrtenschiff dann doch nur eine Sekundärtugend. Insofern herrschten zum Test ideale Bedingungen: Zwischen 12 und 14 Knoten Wind fächern über den Greifswalder Bodden. 4 Beaufort, Segeln von der angenehmen Seite, schnell, noch trocken, einfach handzuhaben.
Die Hanse 348 steuert sich hervorragend. Die Doppelradanlage von Jefa mit durchgehendem Seilzug arbeitet mit eindreiviertel Umdrehungen noch direkt genug, und der Armhub des gemeinen Nordeuropäers reicht im seitlichen Sitzen für die Steuerbewegungen, welche an der Kreuz nötig sind. Klassentypisch stört das doppelte Achterstag den Rudergänger jedoch ein wenig. Die (wenn auch angenehm in der Hand liegenden) optionalen GFK-Räder von Carbonautica bringen gegenüber denen aus Edelstahl eine tiefere Achse mit, was weiteren Platz kostet.
Das Boot findet einfach seine Spur, und der Speed lässt sich leicht abrufen. 6,3 Knoten lassen sich in Kombination mit einem niedrigen Wendewinkel bei glattem Wasser erzielen. Wobei auch die Tatsache hilft, dass die Elvstrøm-Segel nicht nur neu sind, sondern aus einem höheren Regal stammen. Statt serienmäßiger horizontal gelegter Dacron-Ware ist triradial orientiertes FCL in sauberer Profilierung am in Maßen trimmbaren Seldén-Rigg mit zwei gepfeilten Salingspaaren gesetzt.
Die Stabilität ist offensichtlich. In Drückern versuchsweise erzwungene große Schräglagen bewirken noch keinen Kontrollverlust am Einzelruder. Souverän nimmt die Hanse die kurzen Boddenwellen.
Hansetypisch kann der Rudergänger die Schoten und auch die Fallen von den kurz vor den Rädern installierten Hauptwinschen bedienen. Das überschüssige Leinenmaterial verschwindet in zwei Staukästen – kleinere Aufräumarbeiten vorausgesetzt.
Das vordere Cockpit und der Niedergang bleiben frei von Bedienelementen, denn auch die 4:1 untersetzte Großschot ist aus dem Weg. Sie arbeitet travellerlos auf dem Kajütdach und ist beidseits nach vorn und achtern geleitet. Wenn ein Mitsegler die Schoten bedienen will, bietet es sich an, diese über die achteren Winschen auf die vorderen zu leiten, sofern auf der Extraliste angekreuzt.
Hanse 348: Erfreuliche Extras
Der Kartenplotter ist recht gut erreich- und ablesbar unter dem optionalen Cockpittisch (1200 Euro) montiert. Der darunter liegende Kompass lässt sich dort jedoch nur kontrollweise betrachten. Der Tisch mit beidseitigen Teakklappen hat seine Funktion im Hafen und als Stütze auch auf See. Ob der allerdings nicht das Cockpit zu eng werden lässt, sollte der angehende Eigner vor der Order bedenken.
Das Cockpit wird mit einer ebenfalls optionalen Badeklappe geschlossen. Die ist mit den Maßen 2,20 mal 0,70 Meter stattlich und eine sinnvolle Ausgabe für mehr Komfort vor Anker und im Hafen.
Auf der Hanse 348 kommt ein 21 PS starker Yanmar zum Einsatz, 29 PS können ebenfalls bestellt werden. Gut 6 Knoten Marschfahrt bei 80 Prozent Drehzahl sollten genügen, da bleibt auch die Geräuschentwicklung noch im Rahmen. Das Boot manövriert unauffällig, es zieht bei Rückwärtsfahrt nur etwas unwilliger nach Backbord. Erfreulich ist der große Kraftstofftank mit 160 Liter Volumen. Bei einem angenommenen Verbrauch von unter 3 Litern wäre Nachtanken erst nach über 50 Stunden Dauerfahrt nötig.
Auch der 230 Liter fassende Wassertank trägt zu einer gewissen Autarkie bei. Die Service-Batterien (AGM) bringen jedoch im Standard nur 160 Amperestunden mit, was angesichts einer nominellen Nutzbarkeit von lediglich 50 Prozent etwas wenig ist.
Apropos Knappheit: Der Backskistenraum ist recht eingeschränkt in der Version mit zwei Kabinen im Heck – die verlangt der Markt, aber sinnvoll geht anders. Mit sechs Personen wird es eng an Bord. Außerdem bedeuten die beiden Kabinen achtern auch ein kleineres Bad.
Das Testboot war mit einer Heckkabine an Steuerbord und begehbarem Stauraum an Backbord ausgestattet. Die etwa zwei Meter lange und im Schnitt eineinhalb Meter breite Kammer ist durch das Bad über eine kleine Tür oder von oben durch die flache darüberliegende Backskiste erreichbar. Fast fürstlich präsentiert sich das Bad. Die drei Bereiche Toilette, Waschbecken und Dusche liegen gut getrennt voneinander in einer Reihe. Die einzelne Achterkabine weist eine eineinhalb Meter breite Koje und 1,81 Meter Raumhöhe auf. Schrankraum, Decksluk, Leselampen mit USB-Anschluss: Der Komfort ist ordentlich.
Ebenso im Vorschiff. Dort fällt lediglich eine gewisse Leere auf: Über den Kojen finden sich statt Oberschränken nur zwei kurze, mit flachen Sülls ausgestattete und somit schlecht nutzbare Ablagen. Ein Beispiel, um etwas Kosten zu sparen, wie Projektmanager Kuhn ausführt: „Die Hanse 348 ist genauso aufwändig und komplex wie die nächstgrößere, muss aber deutlich weniger kosten. Das müssen wir irgendwo auffangen.“
Und auch für die kleineren Boote wie die 348 gibt es verschiedene Wahlmöglichkeiten, ein Konzept, mit dem die Werft groß wurde und die Konkurrenz zum Reagieren zwang. Fünf farbige Gelcoats, sieben Zierstreifen, diverse weitere Lackfarben, natürliche und acht künstliche Teaksorten sowie unterschiedliche Polster und Teppiche stehen zur Wahl. Und dazu noch vier Fußböden, zwei Arbeitsflächen und fünf Furniere für den Möbelbau plus die Option grauer Ober- schrankfronten – eine seltene Vielfalt, die auf Wunsch jedes Boot zu etwas Einzigartigem werden lässt.
Kleine Schattenseiten im Interieur: Schmelzsicherungen statt Automaten sind unkomfortabel. Die Oberschränke in der Pantry lassen sich nicht gleichzeitig komplett öffnen, und die Querbelüftung in Salon und Pantry geriet etwas dürftig.
Hanse 348: Fazit
Insgesamt ist die Hanse 348 der Beweis dafür, dass mit einem neuen Boot nicht das belegte Brötchen neu erfunden werden muss: Die Modifikationen gegenüber der 345 haben gutgetan, Bewährtes blieb an Bord, Neues kam hinzu, alles gut.
Indessen: Die Wahl in der Zehn-Meter- Klasse bleibt schwierig. Die Konkurrenz von Bavaria und mehr noch den französischen Werften ist groß. Wer das Doppelte ausgeben kann, sieht sich auch die Hallberg-Rassy 340 an. Wer es sportlicher will, findet ein noch umfangreicheres Angebot (Vergleichstest demnächst) mit Entsprechungen von Dehler, Diva, Elan, Grand Soleil, Italia und J Boats.
Insofern: Die Größenklasse wird immer größer, vielfältiger und attraktiver. Und dabei spielt die neue Hanse 348 eine gewichtige Rolle.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten